Springer.com


 
Dieter Schwiesau

Die Sender, die Jobs

 
»Hallo! Am Mikrofon ist Kerstin Küster.« »Hier ist Janett Jäger im Waldstadion.« »Nun die Nachrichten mit Thomas Thaler.« Moderatorin, Reporterin, Redakteur – das sind Jobs beim Radio, die alle kennen. Diese Radioleute stehen mit ihrem Namen für das Programm und sind meist vielen Hörern bekannt. Doch wer kennt schon die Chefin vom Dienst Gabi Günther, den Musikredakteur Michael Maler oder die Assistentin Susanne Schmitz? Kaum einer, denn viele Radioleute arbeiten im Hintergrund, kommen im Programm kaum oder nie zu Wort – und sind trotzdem unentbehrlich. In einer Radiostation gibt es unterschiedlichste Aufgaben, vor und hinter dem Mikrofon. Nur wenn alle ihren Job machen, kann es ein gutes Programm werden.

Wie die Arbeit im Detail organisiert ist, hängt natürlich vom Programm ab. Ein ARD-Kulturprogramm für drei Bundesländer hat andere Strukturen als ein Stadtsender mit vier Sendestunden in einem Mantelprogramm.

In einigen ARD-Anstalten gibt es Hauptabteilungen (oder moderner: Programmbereiche), Abteilungen und Redaktionen, die mehrere Programme dieses Senders beliefern. Die Mitarbeiter haben spezielle Aufgaben in Ressorts, also in Arbeitsbereichen: Nachrichten, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Ratgeber, Kirche und Gesellschaft, Freizeit und Tourismus, Unterhaltung, Feature, ernste oder leichte Musik.
Andere ARD-Programme, manchmal heißen sie Wellen, sind inzwischen so organisiert wie die großen Privatsender: Meist gibt es nur eine Wort- und eine Musikredaktion, in denen alle Aufgaben zusammengefasst sind. Kleine Privat-Sender schließlich haben oft keine festen Strukturen: Alle Mitarbeiter machen (fast) alles.
Das sind die wichtigsten Jobs beim Radio:

Programmchef. Der Boss. Er trägt die Verantwortung. Für alles, was über den Sender geht, für das Format, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für das Geld, für die PR, für die Technik. Das bedeutet aber nicht, dass er sich im Detail um alles kümmern muss. Im Gegenteil: Der Programmchef ist dann ein guter Chef, wenn er seinem Team die Freiräume für ein erfolgreiches Programm schafft. Beim Privatfunk ist der oberste Chef meist ein Geschäftsführer, der für alles verantwortlich ist: Für das Programm und das Geld.

Chef vom Dienst. Der Entscheider. Umweltskandal, Sturmschaden, Politikerrücktritt? Was immer auch passiert, der Chef vom Dienst (CvD) muss schnell reagieren und entscheiden. Er ist verantwortlich für das aktuelle Programm. Bei ihm laufen alle Fäden zusammen, er koordiniert die Arbeit von Redakteuren, Reportern und Korrespondenten. Meist ist er auch der Ansprechpartner für Leute, die sich an die Radiostation wenden: Hörer, Korrespondenten oder der eigene Chef, dem etwas nicht gefällt. Chef vom Dienst kann werden, wer ein guter Redakteur ist und starke Nerven hat.

Nachrichtenredakteur. Der Experte für die Fakten. Arbeit unter Zeitdruck? Der Nachrichtenredakteur erlebt es jede Stunde neu: Informationen recherchieren, Nachrichten auswählen, stilistisch für den Hörfunk aufbereiten,
O-Töne beschaffen, Aufsager produzieren, die Nachrichten zu einer Sendung zusammenstellen – und die Sendung dann meist selbst präsentieren. Und nach der Sendung beginnt alles von vorn. Denn auch in einer Stunde will der Nachrichtenredakteur seine Hörer souverän und verständlich darüber informieren, was für sie wichtig ist. (vgl. im Econ-Buch »Radio-Journalismus« die Beiträge »Nachrichten«, »Nachrichtenpräsentation« und »Aufsager/Nachrichtenminute«)

Moderator. Die Frau, der Mann am Mikrofon. Der Moderator präsentiert das Programm. Was andere ausgedacht und produziert haben, muss er verkaufen. Seine Leistungen sind entscheidend dafür, ob das Programm beim Hörer ankommt.Der Moderator zeigt Persönlichkeit. Das kann er nur, wenn er auch eine ist (vgl. Buch-Beitrag »Moderieren«).

Sprecher. Ein Job, den es kaum noch gibt. Nur in Kultur- und Wortprogrammen gibt es noch den klassischen Sprecher. Sie lesen die Nachrichten, sprechen Manuskripte (z.B. Presseschauen) und ersetzen in den Abendstunden den Moderator. Sie sagen zum Beispiel das nächste Konzert oder Hörspiel an und ab. In den meisten anderen Programmen haben Moderatoren und Journalisten die Aufgaben der Sprecher übernommen. Das Radio braucht Journalisten, die gute Sprecher sind, oder gute Sprecher, die auch Journalisten sind (vgl. Buch-Beitrag »Das Manuskript sprechen«).

Redakteur. Der Macher im Hintergrund. Der Redakteur plant Beiträge und Sendungen, er redigiert Manuskripte und bearbeitet Beiträge von Reportern oder Korrespondenten. In größeren Radiostationen haben Redakteure oft ein Fachgebiet: Sie kümmern sich um die Wirtschaft oder die Kunst, um die Außenpolitik oder den Familienfunk. Privatradios haben nur wenige Fachredakteure, z. B. für Sport.

Reporter. Der klassische Radiojob! Der Reporter bringt die Stimmen der Leute ins Radio, bringt die »Hörwelt mit Klängen und Geräuschen« (Rudolf Arnheim). Der Reporter recherchiert, führt Interviews, fängt mit dem Mikrofon die Atmosphäre ein und fertigt daraus einen Bericht oder eine Reportage; im Übertragungswagen, im Funkhaus oder auch am Schnittplatz zu Hause. Oft meldet sich der Reporter live, zum Beispiel aus dem Stadion oder von der Unfallstelle. Wer beim Radio arbeiten will, muss auch Erfahrungen als Reporter sammeln. (vgl. Buch-Beiträge »Reportage» und »O-Ton-Bericht«).

Comedy-Redakteur. Der Spaßmacher. Kaum ein Begleitprogramm kommt heute ohne eigene Comedy aus, vor allem in den Morning-Shows. Der Comedy-Redakteur entwickelt und produziert diese kurzen Beiträge, die Schwung ins Programm bringen sollen. Er schreibt auch Gags für den Moderator und bastelt z. B. aus Agenturmeldungen aktuelle Lacher (vgl. Buch-Beitrag »Radiocomedy«).

Service-Redakteur. Wetter, Verkehr und mehr… Börse, Lotto, Kino, Ozon, Stellenmarkt, Veranstaltungskalender, Verbrauchertests, Rezepte, Tipps für Mieter, Eltern, Urlauber … »News you can use! « ist ein wichtiges Radio-Motto. Service spielt eine herausragende Rolle. In vielen Sendern gibt es eigene Service-Redaktionen, die Beiträge produzieren und Hörerfragen beantworten, im Radio, am Telefon oder Online. Service-Aufgaben eignen sich als gute Einstiegsmöglichkeit beim Sender.

Korrespondent. Unsere Frau, unser Mann vor Ort – in Berlin, Washington, in der Landeshauptstadt oder im Regionalstudio. Korrespondenten sind oft Einzelkämpfer. Sie müssen alle Probleme meist allein lösen, auch unter schwierigen (journalistischen, technischen, klimatischen) Bedingungen. Der Auslandskorrespondent hat in der Regel einige Jahre in einer Aktuellen Redaktion Erfahrungen gesammelt. (vgl. Buch-Beitrag »Korrespondentenbericht aus dem Ausland«).

Musikredakteur. Hits für alle. Mit einem Programm den Musikgeschmack aller Hörer treffen? Eine schwierige Aufgabe, die ein gut ausgebildeter Musikredakteur aber erfüllen kann, egal, ob es um Schlager, Pop oder Klassik geht. Musik-Research und Computerprogramme unterstützen ihn dabei (vgl. Buch-Beitrag »Musik-Programme mit dem Computer erstellen«).

Online-Redakteur. Der multimediale Job beim Radio. Der Online-Redakteur bietet im Internet, was das Radio nicht bieten kann: Bilder, Videos, Grafiken, Animationen. Er sorgt für mehr Hintergründe und mehr Service. Er schafft interaktive Kontakte mit den Nutzern und betreut Votings, Chats, Blogs und Communities. Er ist verantwortlich für Podcasts und Audios on Demand und macht so möglich, dass man Beiträge hören kann, wann man will. Den Rohstoff – vor allem Audios und Texte – beschaffen die Redakteure und Reporter. Denn jeder, der heute beim Radio arbeitet, arbeitet immer auch für das Internet (vgl. Buch-Beitrag »Radio und Internet«).

Techniker/ Producer. Die Tüftler. Radiostationen haben meist noch den klassischen Techniker, der für den störungsfreien Ablauf des Programms sorgt. Die ARD hat sogar je nach Programm noch Tontechniker, die an den Reglern sitzen, Sendungen fahren und technisch anspruchvolle Beiträge produzieren, z. B. Features und Comedys. Da aber immer mehr Journalisten ihre Beiträge allein produzieren und viele Moderatoren ihre Sendungen selbst fahren, werden es immer weniger.
Techniker haben oft andere Aufgaben übernommen, vor allem als Producer oder Layouter: Sie kümmern sich um die akustische Verpackung des Programms, oft in Zusammenarbeit mit spezialisierten Unternehmen (vgl. Buch-Beitrag »Verpackungselemente«).

Assistent. Das »Mädchen« für alles. Anrufe entgegennehmen, E-Mails beantworten, Besucher betreuen, Post verteilen, Honorare abrechnen, Höreraktionen betreuen, Serviceinformationen beschaffen, Lücken im Dienstplan füllen, für Papier in den Druckern sorgen – und nicht selten den obligatorischen Kaffee kochen, – ein Assistent muss alles machen und können. Der Job ist eine erstklassige Möglichkeit, das Leben in einer Redaktion kennen zu lernen – um dann vielleicht Karriere zu machen.

Marketing. Die Geldbeschaffer. Auf dem Radiomarkt wetteifern die Programme nicht nur um Hörer, sondern auch um Werbekunden. Das gilt in erster Linie für die Privatradios, die ja keine Rundfunkgebühren erhalten. Das heißt vor allem: Werbezeiten verkaufen. Die Konzepte dafür entwickeln die Marketingmitarbeiter gemeinsam mit den Programm- und PR-Leuten (vgl. Buch-Beitrag »Radio-Aktionen« und Online-Plus-Beitrag »Das Programm als Markenartikel«).

Werbung, PR und Promotion. Die Öffentlichkeitsarbeiter. Sie sollen das Radioprogramm bekannt(er) machen und Hörer binden. Mit Werbung, z.B. mit Annoncen oder Plakaten, macht die Station in der Öffentlichkeit auf sich aufmerksam. Die Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) richtet sich vor allem an andere Medien, die über das Programm berichten sollen. Mit Promotion sucht das Programm persönlichen Kontakt zu den Hörern. Besondere Aktionen werden dazu organisiert, wie Livesendungen vom Marktplatz, Gewinnspiele und z.B. spektakuläre Radio-Aktionen. (vgl. Online-Plus-Beitrag »Programm-Promotion«).

 


Dies ist ein Online+ Beitrag zum Buch »Radio-Journalismus«.


 
pfeil_topzum Seitenanfang