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Interview

 

Von Axel Buchholz

Die Vorbereitung aufs Interview geschieht in mehreren Schritten. Dabei geht der Reporter immer vom Hörer aus:

  • Für welche Informationen interessiert sich nach meiner Einschätzung der Hörer?
  • Für welche sollte ich den Hörer durch meine Fragen interessieren, weil ich sie für ihn als wichtig ansehe?

Aber wer ist »der Hörer«? Niemand hat ihn je getroffen und dennoch muss jeder Radio-Journalist eine Vorstellung von ihm haben. Sie zu entwickeln, helfen viel persönlicher Kontakt zu Hörern (des Programms, für das man arbeitet) und die Ergebnisse der Hörer-Forschung. Da ist der »Durchschnittshörer« immerhin eine statistische Größe (vgl. Beitrag »Medienforschung für den Hörfunk«).

Was den Reporter selbst interessiert, was er selbst gern vom Interviewpartner erfahren würde, ist oft nicht die richtige Messlatte für Interviewfragen – jedenfalls nicht die alleinige. In der Regel weiß der Reporter mehr vom Thema. Dann setzt er vielleicht beim Hörer zu viel voraus oder stellt zu spezielle Fragen. Möglicherweise hat er selbst auch ganz andere Interessen als ein »Durchschnittshörer«, z. B. wenn er für ein Programm arbeitet, zu dessen Zielgruppe er selbst nicht gehört.

Mit einem Brainstorming beginnt die Vorbereitung auf das Interview. Dabei sucht der/die Reporter/in nicht nach Fragen (Wie haben Sie sich gefühlt?), sondern er denkt in Inhalten: „Gefühle“ will er erfragen, mit Nachfragen dann evtl. spezielle: Selbstvorwürfe, Verantwortungsgefühl, Bedauern, Mitleid, Schadenfreude? Was ihm spontan an Stichworten einfällt, schreibt er auf. Damit hat er zum möglichen Inhalt des Interviews eine erste Sammlung eigener Ideen. Wenn keine weitere Zeit zur Vorbereitung bleibt, muss dies ausnahmsweise reichen. Wirklich ausreichend ist es nur, wenn der Reporter sich im Thema besonders gut auskennt.

Tipp: Auf „Zufallsfunde“ beim Interviewen sollte man nicht hoffen: Fündig wird in der Regel nur, wer weiß, wo (bei welchen Themen/Sachverhalten) und was (an Wichtigem/Interessantem) er zu suchen hat.

Die sorgfältige Recherche sollte der nächste Schritt der Vorbereitung sein, damit

  • der Reporter genau versteht, worum es bei seinem Thema geht,
  • er weiß, wo er wirklich Neues erfragen kann, wo er nachhaken muss und wo es sich nicht lohnt,
  • er auf zusätzliche Ideen kommt, die ihm selbst nicht eingefallen sind.

Agenturmeldungen, Internet, Archiv, Gespräche mit Kollegen und Recherche-Interviews (z. B. mit Fachleuten, Unterstützern, Gegnern, Weggefährten) helfen dem Reporter, sich so sachkundig wie möglich zu machen. Wer darauf verzichtet, läuft Gefahr, in seiner Interview-Führung an jemanden zu erinnern, der mit einer langen Stange im Heuhaufen herumstochert.
Das Ergebnis der Recherche sind zusätzliche Stichworte für Fragen und Notizen mit Fakten und Zahlen zum Thema.

Tipp: Bereiten Sie sich in der Sache so gut vor, dass Sie genügend Hintergrundwissen für kritische Nachfragen haben und vom Interviewpartner auch ernst genommen werden.

Die Eingrenzung des Informationsziels. Nach der gründlichen Vorbereitung hat der Reporter viel mehr Stichworte für Fragen, als er in der vorgegebenen Zeit unterbringen kann. Jetzt muss er sein Interviewziel eingrenzen:

  • Welche Aspekte des Themas sind neu und wichtig?
  • Wozu ist die Meinung gerade dieses Interviewpartners aufschlussreich und noch nicht bekannt?
  • Was ist das Interessanteste? Je mehr man in ein Interview hineinpacken will, desto mehr muss man notgedrungen an der Oberfläche bleiben.