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»Wir müssen den Publikumsgeschmack bedienen«

Interview mit Reiner Ussat, Musikredakteur bei Antenne Bayern

Von Birgit Laube
 

Wie wird die Musik bei Antenne Bayern ausgewählt?
Durch wöchentliche telefonische Marktforschungen können wir sehr detaillierte Hörvorlieben aufstellen. Außerdem halten wir uns natürlich an die Charts. Die verschiedenen Epochen sind aber auch vertreten. Die Lieder werden in mehrere Kategorien eingeteilt (Anmerkung der Redaktion: siehe ausführliche Beschreibung im Buch »Radio-Journalismus«, Beitrag »Musik-Programme mit dem Computer erstellen«). Mit einem Vorlauf von einer Woche wird dann das Programm erstellt – mit der Option, auch noch neu veröffentlichte Lieder einzufügen. Natürlich wird bei der Programmierung des Computers darauf geachtet, dass ein Lied nicht immer zur selben Uhrzeit läuft. Das Publikum, das einen Song nicht mehr hören kann, empfindet das oft anders. Von ihren Lieblingsliedern können die Zuhörer hingegen nicht genug bekommen. Neue Songs in der Rotation zu etablieren ist nicht so einfach. Das Publikum hört lieber die Musik, die es schon kennt.

Inwiefern können Sie auf Hörerwünsche eingehen?
Die klassische Wunschsendung gibt es bei Antenne Bayern nicht mehr. Hörer können uns aber trotzdem über Telefon und Internet erreichen. Wenn die Wünsche nicht völlig aus dem Rahmen unseres Programms fallen, versuchen wir natürlich darauf einzugehen. Außerdem fliegt ein Song aus der Rotation immer dann raus, wenn er in der Hörerbefragung zu oft negativ bewertet wird.

Hat der Computer die Musikauswahl revolutioniert?
Das Bild des Musikredakteurs hat sich in den vergangenen Jahren sehr stark verändert. Wir können jetzt durch die zielgruppenorientierte Marktforschung die Entwicklungen von Stamm- und Wechselhörern viel besser verfolgen. Beim privaten Radio sind wir auf viele Hörer angewiesen und müssen einen gewissen Massengeschmack bedienen. Ob das Programm durch den Computer besser geworden ist, ist eine andere Sache.

Werden Musikredakteure und deren Wissen überhaupt noch in den Radio-Stationen benötigt?
Der Computer stellt zwar das Musik-Programm zusammen, die Titel dafür werden aber vom Redakteur ausgewählt. Und bevor das Programm gesendet wird, kontrollieren wir noch mal die Auswahl. Heute muss ein Musikredakteur vielleicht nicht mehr wissen, wer bei einer bestimmten Aufnahme die Bassgitarre gespielt hat. Aber gewisse Feinheiten sollte man schon kennen. So spielt man etwa Anastacia und Tina Turner besser nicht hintereinander, weil die Stimmen ähnlich klingen.

Welches war das letzte Lied, das Sie nicht mehr hören konnten?
Eigentlich alles von Rosenstolz.