Springer.com

 

»Wir lassen Jugendliche in die Radio-Welt hineinschnuppern«

Interview mit Chris Bellaj, Medienpädagoge und Radio-Moderator bei »Free Spirit«, einem Jugendradio-Magazin auf afk max.

Von Ulrike Hugo
 

Wie führen Sie bei »Free Spirit« Kinder und Jugendliche an die Arbeit beim Radio heran?
Unser Schwerpunkt ist die medienpädagogische Arbeit: Wir geben einen Einblick, wie die Mechanismen beim Radio funktionieren und zeigen Jugendlichen, wie sie selbst Medien für das Radio gestalten können. Grundsätzlich vermitteln wir jede Art von Wissen, die es im Radio-Bereich gibt: von der Interviewtechnik über Kniffs und Tricks der Moderation bis zur Schnitttechnik am Computer und der Jingle-Produktion. Wir lassen Kinder und Jugendliche in die Radio-Welt hineinschnuppern. Wenn sie es wollen, können sie auch intensiver beim Radio arbeiten und das über mehrere Jahre hinweg.

Wie alt sind die Jugendlichen, die bei »Free Spirit« mitmachen?
Die Jüngste ist mit zwölf Jahren eingestiegen und jetzt 14. Sie hat im Laufe ihrer zwei Jahre bei uns erste Moderations-Erfahrungen gesammelt und macht Umfragen. Die älteste Mitarbeiterin ist 25 Jahre. Bei uns ist sie damit schon am Ende ihres Radio-Lebens. Sie produziert eigene Beiträge und führt Interviews.

Was macht eine Zwölfjährige beim Radio?
Der einfachste Einstieg beim Radio ist die Straßenumfrage. Die Kinder suchen sich ein Thema, überlegen sich zwei bis drei Fragen dazu, gehen auf die Straße und befragen die Leute. Im Studio lernen sie anschließend am Computer, wie aus den Antworten ein Radio-Beitrag wird und wie man eine Moderation schreibt. Generell sollte ein Kind im Laufe seiner Zeit bei uns alles machen können, was es an Arbeit gibt.

Was ist den Jugendlichen besonders wichtig an der Radio-Arbeit?
Jugendliche wollen ein Medium haben, in dem Platz für ihre Musik und ihre Interessen ist. Sie präsentieren sich mit einer Radio-Sendung bei anderen Jugendlichen. Deshalb soll die Sendung anders als beim Kommerzradio sein. Die Musik liegt oft fernab von Chartshits und reicht von Lokalbands bis Special Interests, die sonst im Radio unterrepräsentiert sind.

An welchen Projekten beteiligt sich »Free Spirit?«
Die regelmäßigen Radio-Sendungen werden montags um 14 und 21 Uhr, donnerstags um 15 Uhr und samstags um 12 Uhr für je eine Stunde auf dem Aus- und Fortbildungskanal afk max aus Nürnberg gesendet. Daneben machen wir auch Kooperationen mit Schulen, Horten, Kindergärten und anderen Organisationen. An der Volkshochschule Nürnberg bieten wir zum Beispiel Hörspielseminare an. Da werden Kinder bis 13 Jahre an das Medium Radio auf ganz andere Weise herangeführt. Ziel ist es, innerhalb von drei Tagen ein komplettes Hörspiel zu erstellen. An Schulen bieten wir Projekte zu Unterrichtsthemen an.

Wie das Projekt »Kinderarmut in Deutschland«, das auf dem »Hörmal-Festival« den ersten Preis in der Kategorie »Journalistischer Beitrag unter 18 Jahren« gewonnen hat?
Ja, das ist ein typisches Projekt, bei dem eine Schule auf uns zukam. Die Lehrkräfte haben das Thema im Unterricht vorbereitet und in Rücksprache mit uns recherchiert. Wir haben dann Interviewpartner vermittelt, die technische Seite betreut und Aufnahmen in unserem Studio gemacht.

Läuft »Free Spirit« nur als Konservenware oder wird auch live gesendet?
Live ist bei uns was Besonderes. Zum Beispiel senden wir von dem Radio-Festival »Hört Hört!“ hier in der Region. Das ist sehr anstrengend für die jungen Leute, weil sie auf einer großen Bühne live vor Publikum Interviews führen und moderieren. Wenn die Mitarbeiter mit Radio-Erfahrung bei uns aufhören, dann fangen wir immer wieder bei Null an und führen andere langsam an Live-Sendungen heran.

Bleiben die ehemaligen »Free Spirit«-Mitarbeiter auch beruflich dem Radio treu?
Es gibt tatsächlich einige, die jetzt in Medienberufen arbeiten. Sei es nun als Mediengestalter oder bei einem Telekommunikationsunternehmen in der Kommunikation oder beim kommerziellen Radio.

Hilft die Mitarbeit bei »Free Spirit«, in den Beruf des Radio-Journalisten hineinzukommen?
Jugendliche, die intensiver in die Radio-Arbeit einsteigen wollen, können direkt bei uns ein Praktikum machen. Wir helfen auch mit unseren Kontakten bei einem direkten Berufseinstieg und vermitteln Praktika zu professionellen Radio-Sendern im öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Dort können sich die Jugendlichen mit ihren Projekten vorstellen, die sie bei »Free Spirit« produziert haben. Selbst wer Journalismus studiert, ist anderen voraus, wenn er vorher schon beim Jugendradio war, und selbst Sendungen gefahren und Interviews geführt hat.
 


mic6Podcasts: Vom Spaß am Basteln zur Freude an der Arbeit

 


 
Weiterführende Links:

»Free Spirit«, das Jugendradiomagazin aus Nürnberg 
JFF, das Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis, München
afk, die Aus- und Fortbildungskanäle für Radio und Fernsehen, München
afk max, der Aus- und Fortbildungskanal, Nürnberg
»Luise cult factory«, das Jugendzentrum vom Kreisjugendring Nürnberg-Stadt