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»Wir lauern auf jede kleinste Veränderung«

Berufsalltag einer Nachrichtenredakteurin − Interview mit Daniela Stahl, Redakteurin bei B5 aktuell – dem Informationskanal des Bayerischen Rundfunks

Von Julia Aigner
 

Wie sieht Ihr Berufsalltag aus?
Ich arbeite im Schichtdienst, das heißt, ich übernehme beispielsweise am Montag tagsüber die Moderationsschicht, am Dienstagabend die Nachrichtenschicht und am Mittwochmorgen die Studio-Redakteurs-Schicht. Mein Arbeitstag ist also jeden Tag völlig unterschiedlich, sowohl was die Aufgaben, als auch was die Anfangszeiten angeht.

Wie läuft eine Moderationsschicht ab?
Ich moderiere pro Schicht jeweils drei Stunden. Am Anfang habe ich eineinhalb bis zwei Stunden Vorbereitungszeit, in denen ich meine Moderationen zur aktuellen Themenlage und zu den schon vorhandenen Korrespondentenstücken schreibe. Dann gehe ich ins Studio und moderiere 90 Minuten. Anschließend schreibe ich meine Moderation um, aktualisiere sie, greife gegebenenfalls neue Themen auf und gehe eineinhalb Stunden später erneut ins Studio.

Live-Moderation, immer auf dem neuesten Stand sein – für diesen Job braucht man starke Nerven und eine überdurchschnittlich hohe Konzentrationsfähigkeit, oder?
Grundsätzlich natürlich schon. Trotzdem gibt es auch Schichten, in denen es etwas entspannter zugeht. Die Studio-Redakteurs-Schicht empfinde ich beispielsweise meistens als weniger anstrengend. Generell würde ich sagen, dass sich der Stresspegel immer nach der Masse und Brisanz der Nachrichten richtet.

Was sind  Ihre Aufgaben als Studio-Redakteurin?
Ich betreue die Beiträge, die von den Korrespondenten hereinkommen, überprüfe deren technische und inhaltliche Qualität, kürze sie gegebenenfalls und schreibe die entsprechenden Moderationen für den Kollegen, der gerade auf Sendung ist.

Nachrichtenschicht, Moderationsschicht, Studio-Redakteurs-Schicht – welche Arbeit macht Ihnen am meisten Spaß?
Am liebsten moderiere ich. Das ist zwar auch eine Herausforderung, gerade wenn man zum Beispiel live mit Korrespondenten spricht, aber genau das ist ja auch das Interessante beim Moderieren.

Haben Sie dafür ein Sprechertraining absolviert?
Ja, schon während meines Volontariats beim Bayerischen Rundfunk hatten wir Sprecherziehung. Und auch jetzt werden wir hier bei B5 aktuell noch regelmäßig gecoacht.

Ist man in Ihrem Job eher Einzelkämpfer oder Teamplayer?
Auf jeden Fall Teamplayer. Wir arbeiten in unserem Großraumbüro viel auf Zuruf und natürlich nie allein. Es hat zwar jeder seine fest definierte Aufgabe, trotzdem spricht man sich permanent ab, schließlich arbeitet man zusammen an einem Programm.

Was empfehlen Sie jungen Leuten, die eine Karriere beim Radio anstreben?
Ich hätte mir früher manchmal gewünscht, dass mir jemand mehr Mut macht. Stattdessen musste ich mir öfter anhören: »Das schaffen nur ganz wenige« oder »Es ist so schwer, da reinzukommen«.
Es gibt so viele verschiedene Wege: Praktika, Volontariate, Journalistenschulen und so weiter. Ich würde einfach jedem Interessenten raten, sich über alle Wege zu informieren, viel auszuprobieren und vor allem, sich nicht entmutigen zu lassen, sondern an sich selbst zu glauben. Wenn jemand ernsthaft fürs Radio arbeiten möchte und entsprechendes Talent mitbringt, dann wird er es auch schaffen.

Sie beschäftigen sich beruflich permanent mit Nachrichten aus aller Welt, die oft ja alles andere als erfreulich sind. Hat das auch Einfluss auf Ihr Privatleben?
Man wird ein bisschen zum Nachrichtenjunkie durch die Arbeit. Der Slogan bei B5 aktuell ist ja: In 15 Minuten kann sich die Welt verändern. Das heißt, wir lauern in der Redaktion regelrecht auf jede kleinste Veränderung, die passiert. Schließlich will man ja nicht immer das Gleiche erzählen. Das wird man dann natürlich auch privat nicht so schnell los.
Gerade zu Beginn meiner Berufstätigkeit wollte ich so viel wie möglich mitbekommen, meine Wissenslücken auffüllen und habe deshalb ständig versucht, auf dem neuesten Stand zu bleiben. Mittlerweile hat sich das etwas gelegt und ich will ab und zu bewusst mal gar nichts mehr hören – beispielsweise im Urlaub.