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»Radio hat etwas Magisches«

Nischenradio für junge Hörer – Interview mit Rüdiger Kronthaler, Redakteur beim Online-Sender on3radio – der Jugendwelle des Bayerischen Rundfunks

Von Julia Aigner
 

Es gibt ja eine Reihe von Radio-Sendern, die sich speziell an junge Hörer wenden.
Was ist das Besondere an on3radio?
Wir spielen neben Mainstream sehr viel Independent-Musik, da wir auch jungen, unbekannteren Bands eine Chance geben wollen.
Außerdem fördern wir gezielt junge Musiker aus Bayern. Wir machen uns regelmäßig auf die Suche nach Talenten und bieten ihnen dann ein Forum, in dem wir sie auf unserer Website vorstellen und porträtieren. Wir arbeiten eng mit bayerischen Festivals und der hiesigen Musikszene zusammen und versuchen, die Bands auf Festivals zu bringen.
Dieses Prinzip der Newcomer-Förderung übertragen wir auch auf andere Bereiche, zum Beispiel indem wir Leserreisen für Jungautoren organisieren und Filme über junge Künstler auf unsere Website stellen.

Es geht also hauptsächlich um Förderung im Kultur-Bereich?
Nicht nur. Wir geben auch jungen Menschen, die in der Politik aktiv sind und von der Regionalpresse kaum beachtet werden, die Gelegenheit, sich zu präsentieren. on3 versteht sich als Medium, das bayerische Newcomer aus allen Bereichen vorstellt.

Kann man sich bei on3radio – über die Newcomer hinaus – auch ganz allgemein informieren, zum Beispiel über die aktuelle politische Lage?
Selbstverständlich. Wobei wir die Tagespolitik momentan noch nicht so breit abdecken können, wie das bei spiegel.de, br-online.de oder auch anderen Jugendformaten wie dasding.de der Fall ist.
Wir picken uns jugendrelevante und internet-affine Themen heraus und bereiten diese entsprechend auf, sodass die jungen Leute einen Zugang zu ihnen finden. Wir versuchen immer, die Perspektive von Jugendlichen mit einzubeziehen, damit gerade politische Themen nicht zu abstrakt und übergeordnet wirken.

Wie kommt Ihr Programm an?
Sehr gut. Vor allem natürlich bei unserer Zielgruppe. Uns ist ja bewusst, dass wir ein Nischen-Programm sind, das nicht für die breite Masse gedacht ist. Darauf sind wir aber auch stolz. Wir sind autark und anspruchsvoll – und zum Glück weitgehend unabhängig von der Quote.

Was ist für Sie das Besondere am Medium Radio?
Für mich hat Radio etwas Magisches. Anstatt realer Bilder produziert es Bilder im Kopf. An und für sich bin ich vom Filmischen fasziniert, also von der Möglichkeit, Bilder für sich sprechen zu lassen. Aber immer wenn ich eine gut gemachte Audio-Reportage höre, wird mir bewusst, wie subtil diese Form sein kann. Die Stimme, die Geräusche und das Spiel mit dem Rhythmus ziehen einen förmlich hinein. Ich bin davon überzeugt, dass der Hör-Sinn der intensivste Sinn ist. Gerade die emotionale Ebene wird über das Gehör am direktesten angesprochen.

Was macht denn eine gute Radio-Reportage aus?
Die hohe Kunst ist vor allem, dass der Reporter das, was er sieht, komplett ins Sprach-Medium übersetzen muss. Wenn es ihm gelingt, die Atmosphäre dessen zu transportieren, worüber er berichtet, dann ist das großartig.

Wie wird sich das Radio Ihrer Ansicht nach in Zukunft entwickeln?
Ich glaube, dass es in Zukunft noch stärker online stattfinden wird. Die UKW-Frequenzen bleiben natürlich weiterhin bestehen. Aber die Nutzung des Internets – auch die mobile – wird deutlich zunehmen. Und damit auch die Nutzung von Online-Radio-Angeboten. Natürlich ist das auch eine Generationen-Frage: Junge Leute nutzen das Internet ja viel mehr als ältere Menschen. Die Vorteile, die man als User eines Internet-Radios hat, liegen auf der Hand: Ich kann selbst meine Playlists gestalten und entscheiden, wann ich was hören möchte.
Ich glaube generell, dass kein Medium von der Bildfläche verschwinden wird. Die Aufteilung des Marktes wird sich aber verändern und auch die Vernetzung der Medien untereinander.

Indem die verschiedenen Medien noch enger zusammenarbeiten?
Genau. Bei einem großen Thema eignen sich manche Teilaspekte am besten fürs Fernsehen, anderes möchte ich mir anhören oder lesen. Der heutige User erwartet, dass er eine gewisse Auswahl hat. Und zwar nicht nur, was den Zeitpunkt und das Thema angeht, sondern auch die mediale Aufbereitung, also Text, Audio oder Video. Deshalb wird es immer mehr um eine Korrespondenz zwischen den Medien gehen und um das Wechselspiel zwischen ihnen.