Video-Interview: Das Internet ergänzt die klassische Recherche
Herr Kaiser, wie sind Sie auf die Idee zu diesem Buch gekommen?
Markus Kaiser: Ich lehre an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und an der Technischen Hochschule Nürnberg das Fach „Recherche“ und arbeite als Journalist unter anderem für die „Nürnberger Zeitung“. Mit dem Buch „Recherchieren“ möchte ich meine Erfahrungen als Dozent und als Redakteur weitergeben: sowohl in Theorie als auch in Praxis. Hinzu kommt, dass ich in einer fundierten Recherche die Chance für etablierte Medien sehe, sich von anderen Autoren insbesondere im Online-Bereich (wie Bloggern ohne journalistischen Hintergrund) abzuheben. In einer multimedialen Welt die bodenständige und anstrengende Recherche nicht zu vernachlässigen und wieder ins Bewusstsein rufen, dazu möchte ich mit meinem Buch einen Beitrag leisten.
An wen richtet sich das Buch?
Markus Kaiser: Das Buch „Recherchieren“ richtet sich an Nachwuchsjournalisten, Dozenten, PR-Mitarbeiter, wissenschaftliche Mitarbeiter im Politikbetrieb und erfahrene Redakteure, die ihr Wissen insbesondere im Bereich Online-Recherche aktualisieren möchten. Weil es sich um ein Lehrbuch handelt, eignet es sich besonders gut dazu, einzelne Kapitel Stück für Stück durchzulesen. Und es kann in einer Redaktion oder Pressestelle auch als Nachschlagewerk dienen, etwa wenn es um rechtliche Fragen wie das Informationsfreiheitsgesetz oder den Auskunftsanspruch der Presse geht.
Welchen Stellenwert hat das Recherchieren für den Beruf des Journalisten?
Markus Kaiser: Recherchieren ist das A und O im Journalistenberuf. Nur wer gut recherchiert, hat etwas zu berichten. Ansonsten handelt es sich um fiktionale Inhalte, wobei selbst dort recherchiert werden muss. Dreht man einen Film über das Mittelalter, muss man sich mit Geschichte befasst haben. Schreibt man einen Kriminalroman, sollte man etwas über die echte Polizeiarbeit wissen. Im Journalismus steht und fällt aber die Glaubwürdigkeit mit guter Recherche – und diese ist in unserer jetzigen Zeit das wichtigste Gut für professionelle Medien.
Sie sind Journalist – was verbindet Sie persönlich mit dem Thema “Recherchieren”?
Markus Kaiser: Mir ist es als Journalist immer wichtig, gut und fundiert zu recherchieren. Wenn eine aufwändige und schwierige Recherche gelingt, freut man sich natürlich immer besonders. Das kann durchaus auch im Lokalen der Fall sein. Ich habe mich zum Beispiel sehr gefreut, als ich als Erster herausgefunden hatte, dass der damalige American-Football-Bundesligist Insolvenz anmelden muss. Oder dass ein Professor nur zwei Tage an seinem Uni-Ort verbringt und die restliche Zeit hunderte Kilometer entfernt, obwohl mindestens drei Tage vorgeschrieben sind. Auf der anderen Seite stimmt mich nachdenklich, dass fundierte Recherche und damit auch kritisches Nachfragen die eigene Karriere gefährden bzw. kosten kann. Wer nachfragt, stört.
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