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Rechtsfragen der journalistischen Praxis

Von Ernst Fricke

Journalisten sind als Berufsgruppe in ein besonderes Netz von Rechten und Pflichten eingebunden. Gleich ob sie für Verlage, Rundfunksender oder reine Onlinemedien arbeiten, für die praktische Arbeit sind Rechtskenntnisse im Medienrecht unerlässlich.

Das Medienrecht ist eine Querschnittsdisziplin, die nicht neben den klassischen Materien des Zivilrechts, Strafrechts und des öffentlichen Rechts steht, sondern Einzelaspekte all dieser Gebiete in sich aufnimmt. Dabei fällt ihre Durchdringung nicht leicht. Das gilt zumal in Zeiten der Konvergenz, mithin in dem aktuell zu beobachtenden Transformationsprozess, bei dem die medialen Subsektoren Rundfunk, Mediendienste, Teledienste sowie die ihrer Verbreitung dienenden Telekommunikationseinrichtungen sich einander annähern und teilweise auch unterschiedlich verschmelzen.

Hinzu tritt der Umstand, dass die Materie nicht nur durch nationale, sondern zunehmend auch durch internationale und hier vor allem europäische Normen und Gerichtsurteile geprägt wird. Diese finden zunehmend Eingang auch in die nationale medienrechtliche Rechtsprechung. Nicht nur dadurch zeichnet sich das Medienrecht durch eine besondere Dynamik aus.

Nur wer seine Rechte und Pflichten kennt, kann sich als Journalist in der vielschichtigen Welt des Medienrechts zurechtfinden.

Das Grundgesetz ist das Fundament für die Tätigkeit der Medien. In Artikel 5 sind bestimmte Freiheitsrechte wie Meinungsäußerungsfreiheit, Informationsfreiheit, Pressefreiheit oder Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film gewährleistet. Diese Grundrechte sind unverzichtbar sowohl für die Kommunikation der Menschen untereinander als auch für die freie Meinungsbildung im politisch gesellschaftlichen Raum; sie werden deshalb zu Recht auch als „Magna Charta“ geistiger Freiheit bezeichnet. Die Informationsfreiheit soll auch die Informationsvielfalt gewährleisten und herstellen. Art. 5 GG lautet:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Das Grundgesetz ist zeitlich deutlich vor dem Entstehen der Telemedien und des Internets in Kraft getreten. Es enthält daher keine spezielle Regelung dieser Medien, so wie es für die Presse und den Rundfunk der Fall ist. Die Telemedien sind (nach dem derzeitigen Verständnis) vielmehr in die etablierte Struktur von Art. 5 Abs. 1 GG einzuordnen.

Im internationalen Recht spielen die genannten Medienfreiheiten ebenfalls eine große Rolle. Der Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) geht weiter als die Informationsfreiheit des Grundgesetzes, da in dieser völkerrechtlichen Norm generell die Freiheit zum Empfang von Nachrichten oder Ideen geschützt ist. Für die Europäische Gemeinschaft ist Artikel 11 der Charta der Grundrechte der EU (GRCh) zu beachten, der unmittelbar das Recht auf freie Meinungsäußerung, einschließlich der Meinungsfreiheit und der Freiheit, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben, gewährt. In Abs. 2 werden ausdrücklich die Medien erwähnt, deren Pluralität geachtet wird.

Strafrechtliche Verantwortlichkeit. Die Medienangehörigen unterliegen grundsätzlich den gleichen strafrechtlichen Bestimmungen wie andere Bürger auch. Das Strafrecht selbst kennt keinen Sondermaßstab für die Medien. Allerdings gibt es einige strafrechtliche Privilegien, wie Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB), Sonderrechte auf dem Gebiet der Beschlagnahme und Durchsuchung (§ 97 Abs. 5, Satz 1 StPO – Schriftstücke, Ton, Bild- und Datenträger, Abbildungen und andere Darstellungen dürfen nicht beschlagnahmt werden, soweit ein korrespondierendes journalistisches Zeugnisverweigerungsrecht besteht und sie sich in Gewahrsam des Mitarbeiters, der Redaktion, des Verlags oder der Rundfunkanstalt befinden), Zeugnisverweigerungsrecht (§ 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO) und kurzer Verjährung (§ 24 LPGe) .

Relevante Strafbestimmungen für die Medien finden sich im Strafgesetzbuch, aber auch außerhalb des Strafgesetzbuchs z.B. in § 33 KUG. Leichtere Verstöße gegen bestehende Vorschriften werden mit Geldbußen nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) geahndet.

Pressespezifisches Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht. In § 20 LPGe sind die Presseinhaltsdelikte aufgeführt. Dazu gehört z.B. die Beleidigung mit allen ihren Erscheinungsformen (§§ 185 ff. StGB); Staatsverleumdung (§§ 90 ff. StGB); Beschimpfung von Religionsgemeinschaften und Bekenntnissen (§ 166 StGB); Aufforderung zu strafbaren Handlungen (§ 111 StGB); Volksverhetzung (§ 130 StGB); Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB); Ausspähen von Daten (§ 202a StGB); Nachstellung (Stalking durch Paparazzi, § 238 StGB); Werbung für eine terroristische Vereinigung (§ 129a StGB); Bruch des Berufsgeheimnisses (§ 203 StGB); Hochverrat (§§ 81 ff. StGB); Landesverrat (§§ 93 ff. StGB).