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Gäste

Veranstaltungen oder Sendungen mit Gästen stellen den Moderator vor besondere Herausforderungen. Häufigster Kritikpunkt ist die oft mangelhafte inhaltliche Vorbereitung des Interviewers. Aber nicht nur umfassende Recherche ist für ein gutes Interview wichtig. Ich muss meinem Gesprächspartner von Anfang an klar machen, wer am Set das Sagen hat. „Der Gast darf sich seinen Platz nicht aussuchen”, fordert Rossié. Außerdem sollte man seinem Gesprächspartner körperlich nicht zu dicht auf die Pelle rücken, denn viele reagieren darauf mit Abwehrhaltung. Das richtige „warm up” vor dem Auftritt schafft eine entspannte Gesprächssituation. Man sollte dabei über Alltägliches und Belangloses plaudern – nie über das spätere Thema.

Der Interviewer sollte nie starr an seinem Gesprächskonzept festhalten, sondern sich auf einen Dialog einlassen. Viele Moderatoren hören nicht zu, weil sie gedanklich oft bereits bei der nächsten Frage sind. Dabei entgehen Ihnen häufig spannende Antworten der Gesprächspartner. Die Gäste sollten auch nicht unterbrochen werden: „Sie können den Zuschauer durch nichts mehr gegen sich aufbringen, als wenn Sie ihren Gesprächspartner nicht ausreden lassen”, warnt Rossié. Dabei ist es aber manchmal notwendig, einen Redefluss zu unterbrechen – aber wie? „Ich fange vorsichtig an und vermittle durch meine Körpersprache, dass ich etwas sagen werde”, lautet die Empfehlung.

Richtiges Fragen will gelernt sein. Zu lange oder verschachtelte Fragen verleiten den Gesprächspartner zu Monologen – und das mag das Publikum überhaupt nicht. Bei zu kurzen Fragen kann sich der Interviewte dagegen unter Druck gesetzt fühlen. Deshalb lautet die Devise: „So lange wie ein Streichholz brennt, sollte eine Antwort dauern.” Wenn man dagegen selber interviewt wird gilt: „Begreifen Sie, dass der Inhalt Ihrer Sätze zweitrangig ist. In erster Linie wirken Sie lieber sympathisch, indem Sie ganz locker und präzise antworten.”