Als erstes Nachrichtenmodell der publizistischen Wissenschaft gilt die umgekehrte Pyramide, The inverted pyramid, die im 19. Jahrhundert in den USA entwickelt wurde:
Das Wichtigste, der Lead, d. h. der Kern der Nachricht, steht auf dem Body, dem Nachrichtenkörper. Die umgedrehte Pyramide soll veranschaulichen, dass die Wichtigkeit der Fakten nach unten abnimmt. Sie ist deshalb oben breit und unten spitz. (Zur Geschichte der Nachrichtenpyramide siehe auch „Thatsachen schnell zur Kenntnis bringen“.)
Die Hauptschwäche dieses Modells ist: Die grafische Darstellung lässt den falschen Eindruck entstehen, dass es sich bei dem Lead um einen breit angelegten, möglichst umfassenden ersten Satz handelt. Besser ist aber ein kurzer, leicht verständlicher Einstieg, ein kurzer prägnanter Satz, z. B. ein plakativer Leadsatz. Ganz abgesehen davon, dass eine umgekehrte Pyramide wackelt!
Deshalb stellen manche Autoren die Nachrichtenpyramide nicht auf den Kopf, sondern auf ihr Fundament:
Auch dieses Modell bleibt aber hinter der modernen Nachrichtenpraxis zurück. Es schränkt den Gestaltungsspielraum zu sehr ein. Denn eine Nachricht ist kein fest gefügter Körper, in dem alle Teile einen unveränderlichen Platz haben. Der Kern der Nachricht steht zwar immer vorn. Die Abfolge der anderen Teile, also der Einzelheiten, der Quelle und der Hintergrundinformationen ist aber keinesfalls starr. Diese Bausteine können in jeder Nachricht neu geordnet werden.
Jede Nachricht besteht aus Bausteinen. Man kann also vom Bausteine-Modell sprechen. Es veranschaulicht optimal die Grundregel des Nachrichtenaufbaus: Das Wichtigste gehört an die Spitze! Die Bausteine Einzelheiten, Quelle und Hintergrund können flexibel eingesetzt werden. Ein Beispiel:
Kern:
In Dresden ist heute die Semperoper wiedereröffnet worden.
Zur Einordnung des Kerns eine Hintergrundinformation, ein Teil der Vorgeschichte.
Sie war seit drei Monaten geschlossen, weil sie bei der Jahrhundertflut schwer beschädigt wurde.
Dann die erste Einzelheit zum aktuellen Ereignis:
Das Publikum erlebte das Ballett Schwanensee in einer Inszenierung von John Neumeier.
Zur Einordnung der Einzelheit eine ergänzende Hintergrundinformation, ebenfalls zur Vorgeschichte:
Im August hatte das Hochwasser die Premiere vereitelt.
Dann weitere Einzelheiten zur Wiedereröffnung der Oper:
In einer Festrede sprach der sächsische Ministerpräsident von einem kleinen Wunder, in dem viel Arbeit stecke…
Im Bausteine-Modell sieht das so aus:
Aus denselben Bausteinen kann aber auch eine andere Nachricht entstehen. Im folgenden Text wird mehr Gewicht auf die Festrede gelegt:
Der Kern der Meldung bleibt:
Die vom Hochwasser beschädigte Dresdner Semperoper ist heute wiedereröffnet worden.
Dann kommt die erste Einzelheit:
In einer Festrede sprach der sächsische Ministerpräsident von einem kleinen Wunder, in dem viel Arbeit stecke.
Als weitere Einzelheit ein zweiter Satz aus der Rede:
Die Hilfe bei der Renovierung der weltweit bekannten Kulturstätten sei überwältigend gewesen.
Dann die dritte Einzelheit, die Aufführung:
Das Publikum erlebte das Ballett Schwanensee in einer Inszenierung von John Neumeier.
Erst jetzt der Hintergrund:
Wegen des Hochwassers war die Premiere im August ausgefallen. Die Jahrhundertflut hatte vor drei Monaten in der Semperoper Schäden in Höhe von 27 Millionen Euro angerichtet.
Neugierig geworden?
Den kompletten Beitrag finden Sie in Kapitel 4 des Buches Nachrichten – klassisch und multimedial.