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Kapitel 2: Was zum Textverständnis nötig ist

 


Für jedes Wort lohnt sich die Überlegung: „Ist das benutzte Wort so treffend und unmissverständlich, dass es ohne jeden Zweifel exakt das ausdrückt, was ich ausdrücken möchte?“ Es lohnt sich also in jedem Fall in die Erweiterung des eigenen Wortschatzes zu investieren. Der Griff zu `Dr. Google´ in die einfache Synonym-Datei ist tatsächlich keine geeignete Alternative zu einem gut gepflegten und immer wieder erweiterten Wortschatz. Den Umgang mit Wortbildern zu üben lohnt sich. Wortfelder aus unterschiedlichen Lebensbereichen anzulegen und zu versuchen einen fertigen Text komplett mit den Begriffen aus einem anderen Wortfeld neu zu schreiben, wäre ein guter Weg zu einem Wortschatz, der den Namen verdient.

 

Texte sind mehr als die dort verwendeten Sätze. Je nachdem, wie man Sätze aneinander reiht, entstehen unterschiedliche Untertöne und Zusammenhänge innerhalb eines Textes. Man kann sich den Spaß erlauben, einen fertigen Text in Strukturbausteine aufzuspalten und diese Bausteine neu zu kombinieren. Das ergibt zum Teil erstaunliche Veränderungen in der Kernaussage des Textes. Die in den folgenden Kapiteln dargestellten Textsysteme zeigen, wie´s geht.

 

Manchmal ist der Gedanke hilfreich, anzuerkennen, dass man selbst die Wahrheit weder gepachtet hat, noch überhaupt in der Lage ist, sie wiederzugeben. Wahrheit als solches gibt es nicht. Es gibt nur die Wahrheit des Einzelnen im Kontext bestimmter Sachverhalte oder Themen. Wenn man bereit ist, zuzugeben, dass man als Autorin oder Journalist selbst nur in der Lage ist, den entsprechenden Sachverhalt aus dem eigenen Blickwinkel zu betrachten, ist es ein erster Schritt. Der zweite Schritt muss aber sein, den eigenen Blickwinkel nicht höher einzustufen als die Aspekte der anderen. Der dritte Schritt ist eine gesunde Kritikfähigkeit gegenüber der Wahrheit derjenigen, die Informationen liefern. Auch sie sprechen aus ihrer Sichtweise und priorisieren die Informationen, die sie weitergeben. Das alles führt im Idealfall zu einer Bescheidenheit gegenüber der eigenen Meinung und zu fairem Umgang mit dem Thema, den Lesern und den Effekten, die sich mit dem Text erzielen lassen.