Springer.com


 
Ina Rumpf

Programm-Promotion

 
Programm-Promotion ist das Bemühen, dem Programm im Radio-Markt eine »Position« zu geben, es als eine eigenständige »Marke« innerhalb des Formats zu positionieren. Damit sollen seine Vorteile herausgestrichen und es gleichzeitig gegen die Konkurrenz abgrenzt werden. Dies geschieht on air (im Programm) und off air (außerhalb des Programms).

Claims, Slogans. Hörer wissen (oder ahnen), warum sie ein bestimmtes Programm hören. Programm-Promotion mit einem Claim oder Slogan fasst diese Hörer-Entscheidung in Worte, sagt ihm, warum er sich für dieses (und kein anderes) Programm entschieden hat – oder entscheiden soll. Der vermutliche Hauptgrund für die Programm-Wahl wird damit dem Hörer bewusst gemacht. Seine Entscheidung soll so gefestigt und verstärkt werden. Programm-Promotion versucht also, Missverständnisse zwischen Sender und Empfänger über das Besondere am Programm auszuschließen. Claims sollen auch off air, also in Anzeigen und auf Plakaten einsetzbar sein und immer mit dem Sendernamen verbunden werden: Hörsinnig gut – Radio xy oder xy – Wir sind der Sender.

Positionierung über die Musik ist in den Begleitprogrammen die übliche Methode. Weil die meisten Hörer wegen der Musik ein bestimmtes Programm wählen, wird sie auch in den Slogans (oder Claims) herausgestellt. Durch die Musik-Forschung (oder wenn es in einem Markt leicht ist, auch ohne Forschung allein durch Konkurrenzanalysen) hat der Sender herausgefunden, mit welcher Musik er die größte Chance hat, in seinem Sendegebiet Marktführer zu werden bzw. einen möglichst großen Marktanteil zu erobern.
Nun sagt er seinen Hörern, dass er den »Besten Mix« hat oder (als Oldie-Sender) »die Hits der 80er und 90er« bringt. Auf Die neue Vielfalt oder Mehr Vielfalt – die Megahits kann ein Programm setzen, das sich Erfolg von einem abwechslungsreicheren Musikangebot verspricht. Oder Klassik Hits – Top Hits – Die größten Hits sollen’s machen. Vielleicht reicht es ja sogar, einfach zu behaupten, dass man Die beste Musik spielt (vgl. Beitrag »Formate für Begleitprogramme« im Econ-Buch »Radio-Journalismus«).

Positionierung ausschließlich über Moderation heißt: Jeder Moderator muss ständig und mehrfach pro Stunde Musiktitel mit einem solchen Slogan und dem Sendernamen (ID, Station-Identification) an- oder abmoderieren.

Positionierung über Produktionselemente (vgl. zu den Fachausdrücken Beitrag »Verpackungselemente« im Econ-Buch »Radio-Journalismus«) nimmt dem Moderator diese Aufgabe (teilweise) ab. Drop-Ins werden (im Idealfall) von der »Station Voice«, also einem Profisprecher oder einer Profisprecherin, gesprochen.

Die Station Voice ist an allen Produktionselementen eines Senders beteiligt und trägt somit dazu bei, dass das Programm auch durch seine/ihre markante Stimme wiedererkennbar wird. Diese Drop-Inswerden im Allgemeinen über Intro (auch Ramp, instrumentaler Anfang eines Titels) oder Outro (instrumentale Schlusstakte des Titels) geblendet. Auch Jingles werden im Idealfall von der Station Voice gesprochen oder gesungen undzwischen Musiktiteln oder Wort und Musik eingesetzt. Sie sollten keine musikalischen Effekte enthalten, die sich mit Intros oder Outros »beißen« könnten. Viele Sender lassen zusätzlich zur Station Voice auch bestimmte Tonfolgen oder Instrumentierungen in allen Produktionselementen immer wieder auftauchen (also auch in Show-Openern). Solche »musikalischen Erinnerungen« sollen ebenfalls zur Wiedererkennbarkeit einer Welle beitragen.

Positionierung über Transitions oder Bridges. Diese kurzen Musikelemente führen musikalisch von einem Titel zum nächsten. Bei Tempo- oder Stimmungswechseln machen sie harte Übergänge von Titel zu Titel gefälliger. Gleichzeitig transportieren sie den Slogan/Claim des Senders (vgl. Buch-Beiträge »Sendung fahren« und »Verpackungselemente«).

Positionierung über Trailer. Sie können zum Beispiel einen Zusammenschnitt der Titel enthalten, die für das gesamte Musik-Programm stehen, zudem den Slogan (den Claim) mit dem Stationsnamen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, sie mit einer Zusatzinformation (z.B. der Frequenz, falls diese nicht ausreichend bekannt ist) zu ergänzen.

Durch jahreszeitlich gebundene Slogans werden Sender ebenfalls positioniert: Die beste Musik im Mai oder Die coolste Musik des Sommers oder Da, wo Weihnachten noch wie Weihnachten klingt. Der letzte Slogan steht gleichzeitig für die sehr wichtige emotionale Bindung des Hörers an seinen Sender, die auch ein Teil der Positionierung sein kann.
Viele Sender lassen Singalongs produzieren. Hier wird oft ein dem Hörer bekannter Musiktitel mit einem neuen Text, der zum Beispiel Vorteile des eigenen Programms beschreibt, eingesungen. Singalongs können natürlich auch auf Jahreszeiten, wiederkehrende oder aktuelle Ereignisse eingehen und sollen so ebenfalls emotionale Bindung herstellen.

Moderatorenpersönlichkeiten tragen ebenfalls nachhaltig zur Positionierung eines Programms bei. Man sollte auch sie bewerben und mit Attributen belegen. Um zunächst den Namen bekannt zu machen, sollte er ständig »gedropt« werden (s.o.) – nicht nur in den Sendestrecken, in denen der Moderator auftritt, sondern auch in allen anderen. Dies kann man durch Trailer tun, die den Moderator und seine Sendung bewerben (vgl. Online-Plus-Beitrag »Dem Programm Profil geben«).

Backselling. Trailer oder Moderationen – sagen den Hörern nach der Sendung, die beworben werden soll, welche Inhalte oder Moderatoren sie verpasst haben, wenn sie die Sendung nicht (ganz) gehört haben.

Preselling weist auf zukünftige Sendungen und Auftritte der zu bewerbenden Moderatoren hin, die der Hörer dann hoffentlich auch nicht verpassen möchte.
So wie mit Musik und Moderatoren kann man mit allen Programmteilen umgehen, die zur Positionierung eines Senders in seinem Markt beitragen.

Nachrichtenkompetenz kann beworben werden, indem aus Nachrichtensendungen Zusammenschnitte erstellt und daraus Trailer produziert werden.
Hat eine Radiostation die meisten oder besten oder schnellsten Korrespondenten (im Sendegebiet oder auch in der Welt), kann sie mit deren Namen und Berichterstattungsgebieten arbeiten.

Service-Elemente wie Wetter und Verkehr (»aktueller und schneller« als die Konkurrenz) können und sollten zum Marktvorteil werden. Deshalb bewerben viele Sender im eigenen Programm auch diesen regelmäßigen Service. Wenn Hörer als Staupiloten oder Verkehrsmelder angeworben wurden und Verkehrshinweise ins Programm liefern, dann wird auch darauf hingewiesen.
Ein Meteorologe, der regelmäßig im Programm auftritt und besonders das Wetter in der Region berücksichtigt, ist auch eine gute Möglichkeit, den Sender zu positionieren und von der Konkurrenz abzugrenzen – falls die nicht denselben Service bietet.

Unterhaltungselemente und Comedy sollte ein Sender zur Positionierung bewerben, wenn er damit im Sendegebiet führend ist oder deutlich machen muss, dass nicht nur die Konkurrenz lustige Programmelemente vorweisen kann. Hier ist eine Methode, (ergänzend zu Trailern) aus typischen Sprüchen der Comedy-Figuren Drop Ins zu schneiden und diese überall da einzusetzen, wo sie inhaltlich passen.

Weniger ist oft mehr. Alle Elemente, die eingesetzt werden, müssen untereinander gut abgestimmt werden. Gleichartige Elemente verschiedenen Inhalts können Hörer auch verwirren. Viele Sender bewerben deshalb ihre Marktvorteile in nacheinander folgenden Wellen.

Zu wenig gefährdet den Erfolg. Ob aktuelle Aktionen, ständige Programmteile oder das Gesamtprogramm zu bewerben sind – die Frequenz, in der die Elemente eingesetzt werden, muss deutlich sein.
Für ein Tagesbegleitprogramm kann gelten: Wenn die Mitarbeiter des Senders den Eindruck haben, dass die Elemente zu häufig im Programm erscheinen, dann beginnen die Hörer gerade mal, sie zu registrieren.

Präsentationen von Konzerten und Veranstaltungen sind ebenfalls Programm-Promotion, vorausgesetzt, es wird nichts präsentiert, was nicht auch im Programm vorkommt. Präsentationsvereinbarungen umfassen meist Trailer, also die Bewerbung des Konzertes im Programm und die Selbstdarstellung des Senders vor Ort im Konzertsaal oder an der Open-Air-Bühne mit Logos und Logo-Transparenten, Info-Ständen oder anderer Werbung. Im besten Fall kann auch der Einsatz eines Moderators oder einer Moderatorin im Rahmen des Auftritts der Künstler ausgehandelt werden. Moderatoren sollen so bekannter und für die Hörer »greifbarer« gemacht werden.
Mit allen Maßnahmen sagt der Sender dem Hörer, dass er den oder die Künstler sendet und Bezug und Nähe zu ihrer Musik hat. So bewirbt er das eigene Programm und dessen Bedeutung off air im Konzertsaal und on air durch die Trailer, die Veranstaltung und den Künstler.
→ Tipp: Während solcher Präsentationen und auch sonst bei Promotion-Aktionen brauchen die Sender oft zusätzliche Mitarbeiter vor Ort. Manch einer, der sich dabei als studentischer Helfer bewährte, schaffte so den Einstieg auch in andere Aufgaben.

Eigene Veranstaltungen dienen ebenfalls der Programm-Promotion. Wenn z.B. das erfolgreiche Comedy-Team Säle im Sendegebiet füllt, dann »kommt der Sender rüber«, verstärkt die Hörer-Bindung, macht seinen Namen noch bekannter, gewinnt vielleicht Veranstaltungsbesucher als neue Hörer. Und das alles möglicherweise kostenneutral oder sogar mit etwas Gewinn.

Der Online-Auftritt des Senders (vgl Beitrag »Radio und Internet« im Econ-Buch »Radio-Journalismus«) sorgt auf vielfältige Art und Weise für Programm-Promotion:

• Er informiert – genau wie Prospekte – grundsätzlich über den Sender und sein Programm, immer auf dem aktuellen Stand.

• Er hebt einzelne Sendungen und Aktionen/Spiele werbend hervor und liefert die nötigen Informationen zum Mitmachen.

• Er lässt die Hörer mit Hilfe der Web-Cam einen Blick ins Live-Studio werfen, und zeigt Bilder von Sender-Events.

• Er hilft dabei, Moderatoren zu »Radio-Personalities« aufzubauen, indem er in Bild und Text über sie informiert.

• Er bietet Service, wie z.B. Infos zum Musikprogramm und E-Mail-Formulare für Wunschtitel und Hörer-Grüße.

• Er entwickelt eine Radio-Community, z.B. durch Chats, undverstärkt damit die Hörer- und Programmbindung.

Give aways wie Aufkleber, Kugelschreiber, Feuerzeuge, Pins, Süßigkeiten, alle mit Logo versehen, werden häufig verschenkt. Sie sind ebenfalls Hörerbindungselemente. Auch sie sollen zum einheitlichen Erscheinungsbild (CI, Corporate Identity) beitragen.

Merchandising. Für Give aways muss der Sender Geld ausgeben, mit Merchandising-Produkten (wie CDs, T-Shirts, Tassen oder Radios mit Logoaufdruck) soll Geld verdient (zumindest ein Kostenbeitrag) und gleichzeitig für den Sender geworben werden. Als Preise bei Gewinn-Spielen lassen sich Merchandising-Produkte auch on-air gut einsetzen und gleichzeitig damit bewerben.

Hörerclubs können zum Erfolg eines Programms vor allem dadurch beitragen, dass sie die Bindung der Hörer an den Sender verstärken. Die größten Fans des Programms, die treuesten Hörer – sie bilden den Kern der »Hörer-Familie« und sind oft bereit, Clubmitglieder zu werden, zahlen manchmal auch noch dafür einen kleinen Beitrag.
Dem muss natürlich eine Gegenleistung des Senders gegenüberstehen: verbilligte Karten für vom Sender präsentierte Veranstaltungen, Sonderkonditionen bei Hörerreisen (an denen der Sender auch noch verdient), preiswertere Give-aways, Treffen mit den Moderatoren bei Sender-Partys oder eine regelmäßige Sender-Zeitung.
Es gibt viele Möglichkeiten, vorhandenes Wir-Gefühl zu verstärken, neues aufzubauen und, wenn es gut geht, damit auch noch Geld zu verdienen.

Einheitlichkeit und Kontinuität sind wichtig. Stil, Emotionen oder Inhalte müssen on air wie off air mit denselben Aussagen beworben werden. Alle Elemente, die zur Bewerbung im Programm selbst eingesetzt werden, sollten deshalb auch in Plakaten, Anzeigen, Bühnendekorationen in entsprechender Form auftauchen. Auch bei der Entscheidung für Kooperationen mit Partnern aus der Werbewirtschaft empfiehlt es sich, darauf zu achten – z.B. in Zusammenhang mit Gewinnspielen (vgl. Buch-Beitrag »Radio-Spiele«).

Die Pressestelle (oder der PR-Verantwortliche) soll dafür sorgen, dass über den Sender in den übrigen Medien berichtet wird. Die Hörer-Zahlen haben sich positiv entwickelt, die letzte Hörer-Aktion (vgl. dort im Econ-Buch »Radio-Journalismus«) hat eine Riesensumme für einen guten Zweck eingebracht, ein bekannter Moderator ist neu ins Team gekommen, ein Pop-Star (oder der Bundeskanzler) wird live im Studio sein – all das sollte in der Zeitung stehen. Info-Material über den Sender in Text und Bild sollte auch per Internet für die Presse und interessierte Hörer bereitgehalten werden (vgl. im Econ-Buch »Radio-Journalismus« den Beitrag »Erfolgreich in Praktikum und Hospitanz«). Bei den ARD-Anstalten erscheinen meist auch regelmäßig eigene Zeitschriften oder Broschüren, teilweise auch zu Programmsparten wie Features oder Hörspielen.

Programm- und Pressemitarbeiter müssen zusammenarbeiten, gemeinsam Ideen entwickeln, Zeitpläne für Pressemitteilungen und Pressekonferenzen abstimmen, sich jedenfalls ständig gegenseitig auf dem Laufenden halten. Das dient nicht nur der guten Pressearbeit des Senders, sondern oft auch der eigenen PR, auf die z.B. Moderatoren angewiesen sind.
 


Dies ist ein Online+ Beitrag zum Buch Radio-Journalismus.


 
pfeil_topzum Seitenanfang