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Printjournalismus

Interview mit Detlef Esslinger

Detlef Esslinger, Redakteur Süddeutsche Zeitung

Detlef Esslinger, Redakteur Süddeutsche Zeitung (Foto: Sonja Marzoner/Süddeutsche Zeitung)

Detlef Esslinger ist Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung. Hier arbeitet er als stellvertretender Ressortleiter Innenpolitik und ist verantwortlich für die Ausbildung der Volontäre. Weiterhin doziert Detlef Esslinger an Journalistenschulen.

Wie sind Sie Journalist geworden?

Schon im Alter von zwölf Jahren war mir klar, dass ich Journalist werden wollte. Damals wurde ich Redakteur unserer Schülerzeitung. Während meines VWL-Studiums habe schrieb ich für ein Anzeigenblatt und die Heimatzeitung Trierischer Volksfreund. Anschließend war ich freier Mitarbeiter beim Bonner General-Anzeiger. Ich absolvierte die Henri-Nannen-Schule in Hamburg und arbeite seit 1991 bei der Süddeutschen Zeitung.

Was muss man als Tageszeitungsjournalist können?

Gut ist eine gewisse Grundgeschwindigkeit in der Arbeit. Und man braucht handwerkliche Sicherheit in den Genres Nachricht, Bericht, Feature, Reportage, Interview und Kommentar. Außerdem sollte man über ein Zeitungsleser-Wissen verfügen über das, was in der Welt passiert. Wenn Sie einen Text redigieren, in dem zum Beispiel die Rede von der „deutschen Botschaft in Jerusalem“ ist, sollten Sie dringend stutzig werden. Und das „Arbeitsamt in Fürstenfeldbruck“ muss auch nicht unbedingt so in der Zeitung stehen.

Wie hat sich die Rolle von Print angesichts Online verändert?

Die meisten Medienhäuser verdienen ihr Geld nach wie vor überwiegend mit Print. Aber wenn wir heute Süddeutsche Zeitung sagen, meinen wir damit nicht bloß die gedruckte Zeitung, sondern die Marke – ob ihr Auftritt nun gedruckt, online oder digital ist. Papier ist nicht mehr als ein Trägermittel. Auf welchem Trägermittel die Leute uns lesen, ist nicht so wichtig – Hauptsache es gelingt, so viele Leser wie irgend möglich auch zu zahlenden Kunden zu machen.

„Einführung in den praktischen Journalismus“ von Walther von La Roche – Was bedeutet das Buch für Sie?

Walther von La Roche war der erste Autor, der mir etwas über professionellen, handwerklichen Journalismus erzählt hat. Ich weiß noch, dass ich mir dieses Buch mit 13 oder 14 Jahren zu Hause in Bitburg in der Stadtbücherei ausgeliehen habe. Und manche Dinge habe ich mir für immer gemerkt: La Roche brachte ein Beispiel aus der Vossischen Zeitung von 1914, eine Nachricht, in der im allerletzten (!) Satz stand, dass in Sarajewo der österreichische Thronfolger und seine Frau nach einem Attentat gestorben seien.

Wohin geht die Reise im Printjournalismus angesichts der zunehmenden Online-Konkurrenz?

Irgendwer hat neulich den klugen Satz gesagt: Online berichtet, was passiert. Print berichtet, was es bedeutet. Das ist natürlich sehr zugespitzt, beschreibt aber ganz gut die Tendenz. Wobei, wie oben gesagt: Papier, also Print, ist nur ein Trägermittel. Wenn die Leute für Granitplatten bezahlen, liefern wir bestimmt gerne auch auf Granitplatten.