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Reporter-Set für die Handtasche

Ausstattung für „Mobile Journalism“

Zusammenfassung
Die richtigen Telefone, das richtige Zubehör: Stative, Aufsatzlinsen, Mikrofone, externe Batterien, Licht etc. Wie sich das Smartphone zum Ü-Wagen ausbauen lässt (für wenig Geld) Zentral für mobilen Journalismus ist die Auswahl der richtigen Ausrüstung. Sie definiert den „mobilen Journalisten“: Er oder sie produziert Journalismus mit dem „Jedermann-Smartphone“ – und eben nicht mit dem Profi-Mikrofon, der ProfiKamera oder dem Super-Notebook. Das Smartphone symbolisiert nicht nur den Wandel, den Journalisten derzeit durchmachen – es steht auch für den Wandel im Journalismus allgemein. Denn Nachrichteninhalte werden mehr und mehr nicht nur mobil produziert, sondern auch konsumiert. Den Nutzungsgewohnheiten mobiler Nachrichtenpublika wird freilich niemand automatisch dadurch gerecht, dass er auch mobil produziert. Er kommt den Erwartungen und Erfordernissen mobiler Nutzung jedoch hier und da auf die Spur, vielleicht auch näher, wenn er mit dem Gerät produziert, mit dem das Publikum auch konsumiert. Ein Beispiel: Videos im Hochkantformat sind für professionelle Kamerateams oft noch außer Reich- und Denkweite, während der Smartphone-Journalist bei jedem Dreh die Wahl hat, wie er sein Telefon – seine Kamera – hält. Kaum etwas entwickelt sich schneller als der Markt für Smartphones – und damit verbunden für deren Zubehör. Vor vier oder fünf Jahren war kaum daran zu
denken, Nachrichtenfilme per Smartphone zu produzieren, vor sieben oder acht Jahren hätten die Telefone auch den Erfordernissen einer qualitativ hochwertigen Audioaufnahme nicht standgehalten. Insofern sind die folgenden Absätze keine absoluten Weisheiten, sondern lediglich Hinweise, worauf Journalisten beim Kauf von Smartphone und Zubehör achten sollten. Zudem unterscheiden sich Arbeitsweisen von Journalist zu Journalist. Insofern wird sich auch die Ausstattung unterscheiden. Der eine wird bestimmte Telefone vorziehen, der andere schwört auf ein besonderes Mikrofon oder Lichtzubehör. „Weniger ist mehr“, meinen viele #Mojos. Denn was nutzt „mobile journalism“, wenn Reporter am Drehort doch mit Taschen, Rucksäcken, Kisten und Gedöns auflaufen? Beim „mobile reporting“ geht es auch um Vereinfachung, darum, schnell, flexibel und eben mobil zu bleiben – manchmal auch als „One-Man-Show“ oder „One-Woman-Show“. Es lohnt sich, das im Hinterkopf zu behalten, wenn man darüber nachdenkt, welches Zubehör man sich anschaffen möchte. Sicher sind ein externes Mikrofon, vielleicht ein leichtes Stativ und Lichtzubehör sinnvoll – ebenso sinnvoll ist es aber auch, Smartphone-Journalismus „pur“ auszuprobieren, um herauszufinden, wie sich ohne jedes Zubehör gute Ergebnisse erzielen lassen. Denn dies ist ja eine Chance von „mobile journalism“: Ein kleines Gerät, das jeder praktisch immer dabei hat, kann Ton aufnehmen, Fotos machen, Video filmen, schneiden und das Material auch übertragen. Und viele werden vielleicht einmal in die Situation geraten, dass sie plötzlich, in ihrer Freizeit, mitten in einer sich entwickelnden „Breaking News“-Situation konfrontiert werden.

3.1 Netzwerke und Verbindungen

Wichtig für mobile Journalisten ist der Mobilfunkvertrag: Wer mit dem Smartphone insbesondere Videos produzieren und hochladen möchte, sollte unbedingt prüfen, welches Datenvolumen er bei seinem Mobilfunkanbieter gebucht hat. Gegebenenfalls sollte der Vertrag gewechselt werden, damit nicht plötzlich bei „Breaking News“ die Übertragungsgeschwindigkeit gedrosselt wird oder horrende Kosten entstehen. Im Ausland empfiehlt sich die Nutzung von lokalen SIMKarten, möglicherweise über einen mobilen Hotspot (siehe 3.9.). Eine andere Möglichkeit sind multinationale SIM-Karten, die Zugang in vielen Ländern erlauben, beispielsweise von Truephone oder Skyroam. Zugang zu vielen WLAN-Netzwerken bietet beispielsweise das kostenpflichtige iPass-Netzwerk: Gerade in Krisen- oder Katastrophenfällen sind Mobilfunknetzte manchmal überlastet, manchmal vorübergehend ausgeschaltet. In diesem Fall ist der iPass der schnelle, verlässliche Zugang zu vielen W-Lan-Netzwerken weltweit, beispielsweise auf Flughäfen oder in Hotels, möglich. Zudem hat Google 2015 angekündigt, grenzübergreifend einsetzbare SIM-Karten auf den Markt zu bringen. Auch Datenverkehr über Satellit könnte eine Lösung sein: Kleine Satellitenanlagen, beispielsweise von Cobham (Explorer 510) oder Hughes (9202) erlauben es, von überall Daten zu senden – unabhängig von WLAN- und Mobilfunknetzen. Die Datenraten sind allerdings oft niedrig, die Kosten hoch. Der Versatz zwischen Sender und Empfänger kann bis zu vier Sekunden oder mehr betragen, was Livegespräche, insbesondere im Hörfunk, schwierig macht. Zudem ist die Hardware nicht gerade billig: Kleine Sende- und Empfangsschüssel kosten 2000 Euro und mehr.

3.2 Die Qual der Wahl – welches Telefon?

Zentrale Auswahlkritieren für das #Mojo-Phone werden durch dessen Verwendung bestimmt: Wichtig ist eine gute Kamera, damit Foto- und Videoaufnahmen gelingen. Zudem sollte ein Telefon ausreichend Speicherplatz bieten, im Idealfall erweiterbar durch Speicherkarten, weil Video- und Tonaufnahmen viel Speicher belegen. Wichtig ist auch eine gute Batterieleistung, im Idealfall eine austauschbare Batterie (heutzutage nur selten zu finden), damit das Telefon intensiver Nutzung bei „Breaking News“ Stand hält. Ein Display sollte auch in schwierigen Lichtsituationen Arbeitsergebnisse akzeptabel darstellen. Hilfreich ist es zudem, wenn sich schnell und einfach externe Quellen nutzen lassen, um beispielsweise Musik oder Augenzeugenvideos in Berichte einzubauen. Wichtig ist ferner, dass ein Telefon möglichst robust ist, damit es dem Journalistenalltag Stand hält. Android oder iPhone? Diese Grundfrage teilt die Schar der mobilen Journalisten in zwei Lager. Die einen schwören auf die Apple-Smartphones und ihr iOs – mit klaren Vorteilen: Für ein einzelnes Telefon, das sich weltweit verbreitet, lassen sich Apps regelrecht maßschneidern. Und weil es im mobilen Journalismus, insbesondere bei der Videoproduktion, darauf ankommt, die Möglichkeiten eines Telefons bis ins Letzte auszureizen, war das iPhone klar im Vorteil. Viele Apps, die heute zentral für mobilen Journalismus sind, erschienen zuerst auf dem iPhone und wurden dort weiterentwickelt. Einige sind bis heute nur für iPhones erhältlich, bei anderen haben die Entwickler Android-Applikationen nachgeschoben. Denn ein großer wirtschaftlicher Vorteil des Android-Marktes lockt viele Entwickler: Deutlich mehr Menschen weltweit nutzen Android-Telefone als iPhones. Das Potential, mit einer für Kleinstbeträge zu erstehenden App viel Geld zu verdienen, bietet sich eher auf dem Android-Markt als beim iPhone. Das iPhone steht für verlässliche Apps und gute Hardware: Die 5er-Reihe bietet immerhin eine 8-Megapixel-Kamera (MP), das iPhone 6S und 6S Plus sowie das neue iPhone 7 12 MP. Zudem können die rückwärtigen Kameras der 6S- und 7-Iphones Video in 4K-Auflösung drehen, das iPhone 6 und 5S immerhin „Full HD“ (mit einer Auflösung von 1920 x 1080). Außerdem bieten die 6S- und 7-iPhones die Möglichkeit, Zeitlupen in „Full HD“ mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde aufzunehmen, was grandiose „Slo-Mos“ (Slow-Motion-Aufnahmen) ermöglicht. Die Frontkameras liefern ab dem iPhone 6 immerhin 5 MP und „kleines HD“ (1280 x 720), mit dem iPhone 7 sogar „Full HD“, was für Live-Schalten eines Solo-Journalisten, der sein Bild selbst einrichtet, von Bedeutung ist. Mit Blick auf die starke Positionierung des iPhones für Foto und Video ist es auf der anderen Seite überraschend, dass alle iPhones bisher nur Bildraten von 30 oder 60 fps (Frames per Second) aufnehmen – der europäischen TV-Standard PAL dagegen überträgt Bilder mit 25 fps. Werden Videos nicht mit den in Kapitel 5 empfohlenen Kamera-Apps mit 25 fps aufgenommen, werden sie beim Wandeln für die TV-Nutzung oft matschig. (Manche fragen allerdings, wie lange 25 fps noch von Bedeutung sein werden, wenn der Internetstandard 30 fps sind. Möglicherweise setzt auch Apple darauf, dass das lästige PAL-Fernsehen ohnehin bald verschwindet.) Sehr interessant sind die zwei Linsen des iPhone 7: Zum ersten Mal bietet ein iPhone neben der weitwinkligen Linse eine leichte (zweifach vergrößernde) Telephotolinse, mit der eindrucksvolle Aufnahmen mit deutlich mehr Tiefenschärfe und engeren Schärfenbereichen machbar sind. Problematisch ist dagegen beim Iphone 7 der Verzicht auf einen eigenen Kopfhörer-/Mikrofonanschluss: Dies macht die Weiterverwendung von Zubehör, insbesondere Mikrofonen, problematisch: Der Betrieb ist nur mit einem Adapter möglich, der den iOs-Lightning-Eingang in Audio und Lightning splittet. Eine Alternative zum iPhone ist der iPod Touch 6G: deutlich günstiger als das Smartphone, aber mit ähnlich guten Kamera-Eigenschaften ausgestattet (Full HD für die rückwärtige, „kleines HD“ für die Frontkamera). Der Musik-/Videoplayer von Apple bietet zudem bis zu 128 GB Speicherplatz und ist damit ein gutes #Mojo-Werkzeug, wenn der Reporter ihn über einen mobilen Hotspot (entweder über einen Mifi-Router oder das Smartphone, siehe 3.9.) mit dem Internet verbindet.

Android-Telefone sind oft deutlich günstiger als iPhones . In Indien, in vielen asiatischen Ländern oder Afrika spielt das iPhone auch daher kaum eine Rolle. Mobile Journalisten versuchen ihr Glück dort mit Android-Telefonen, oftmals mit günstigen sogenannten „China-Phones“ von Herstellern wie Oppo, Elephone oder THL, deren Spezifikationen zum Teil stark von dem abweichen, was größere Android-Marken bieten. Das hat Folgen: Für die große Zahl unterschiedlicher Android-Modelle lassen sich Apps nur schwer so verlässlich entwickeln, dass sie auf allen Telefonen gleichermaßen funktionieren. Weil manche Apps beispielsweise die Kamerasteuerung der Telefone bis in tiefste Hardware-Spezifikationen nutzen, sind mobile Reporter manchmal frustriert, weil bestimmte Dinge auf bestimmten Telefonen nicht oder nur eingeschränkt funktionieren. Das Android-Telefon gibt es nicht . Der Markt ist extrem fragmentiert, insbesondere abseits der wenigen großen Player wie Samsung, Sony, Motorola (mit der Moto-Reihe), LG sowie den (von verschiedenen Herstellern nach strengen Hardware-Vorgaben produzierten) Google-Vorzeigetelefonen aus der Nexus-Reihe. Für mobile Journalisten gibt es einige interessante Exoten, wie beispielsweise das LG V10 (und den gerade angekündigten Nachfolger LG V20), das bei Videoaufnahmen manuelle Kamerasteuerung erlaubt. Ältere Modelle wie das Samsung Galaxy K Zoom, das S4 Zoom oder das Asus ZenFone 2 Zoom bieten zudem optische Zooms – echte Außenseiter, bei denen aus heutiger Sicht mit den Blick auf neuere Smartphones die Abstriche zu groß wären, die den Kauf noch rechtfertigen würden. Gerade bringt Asus ein neues ZenFone Zoom auf den Markt. Auch das 2016 vorgestellte LG G5 markiert möglicherweise eine für Journalisten willkommene Trendwende: Seit langem bietet ein „Flagship“-Telefon wieder austauschbare Batterien. Wie auch Samsung investiert LG in eine Produktlinie rund um das Vorzeige-Telefon, die einen aufsteckbaren Kameraadapter mit mehr manuellen Funktionen sowie zusätzlich 360-Grad-Kamera und 360-Grad-/Virtual-RealityBrille enthält. Die Android-Kaufentscheidung ist damit etwas komplizierter: Wer sich für die „großen Marken“ entscheidet, wird keine größeren Probleme bei der Nutzung von Videoapps wie FilmicPro (siehe Kapitel 5) haben. Einen Überblick darüber, welche Smartphones gute Kameras bieten, liefert beispielsweise die Überblicksseite „DxO Mark“, die die neben Smartphones auch DSLR- und bei andere Kameras die Bildqualität bis ins Detail misst. Wer dagegen Geld spart und ein leistungsfähiges, aber günstiges Telefon kauft, beispielsweise von chinesischen oder indischen Herstellern, sollte auf eine zumindest der Papierlage nach gute Kamera und Batterieleistung achten. Oft zeigt sich erst im Alltag, welche Funktionen verlässlich nutzbar sind. Die dritte Option sind Windows-Telefone: Die Lumia-Reihe fristet ein Schattendasein mit geringer Marktdurchdringung. Dies hat Folgen: Derzeit ist keine erwähnenswerte Livestreaming-App erhältlich. Auch viele andere Programme, insbesondere für „Digital Storytelling“ und Multimedia-Anwendungen, sucht der Besitzer vergeblich. Aus #Mojo-Sicht ist es extrem bedauerlich, dass Windows nicht mehr Energie in die Lumia-Reihe steckt. Denn die Telefone, insbesondere die derzeit erhältlichen Lumia-950-Modelle, bieten eine sehr gute Kamera mit weitgehenden Möglichkeiten zur manuellen Kontrolle. Windows erlaubt beispielsweise – anders als Apple – die Voreinstellung der Bildrate auf 25 fps, und bietet eine Vielzahl von Bildformaten und Auflösungsoptionen. Weitere Optionen sind Tablets oder Actionkameras wie die GoPro sowie Kombinationen aus DSLR-Kamera und Smartphone. Tablets sind beim Bildschnitt komfortabler zu bedienen, beim Dreh aus meiner Sicht aber unhandlich. Für das iPad gibt es mit dem Padcaster (siehe 3.4.) spezielles #Mojo-Zubehör. Auch eine Actionkamera kann eine gute Ergänzung sein, beispielsweise erlaubt die Livestreaming-App Periscope auch Übertragungen von der mit dem Smartphone verbundenen GoPro. Wer DSLR-Videographie schätzt, wird gern mit der Übertragung von gefilmten Sequenzen auf das Telefon experimentieren, um dort zu schneiden und fertige Filme hochzuladen. Der Drohnenhersteller DJI hat mit der „Osmo“ eine Kamera auf den Markt gebracht, die nicht nur 4K dreht und den Stream direkt auf einem Smartphone-Bildschirm zeigt. Die DJI Osmo kommt mit einem Griff, der die Kamera auf drei Achsen stabilisiert – also Kamera und Gimbal (siehe 3.5.) in einem.

3.3 Externe Mikrofone

Wer sich nur ein Zubehör-Teil für mobilen Journalismus kaufen möchte, sollte sich aus meiner Sicht ein externes Mikrofon kaufen. Denn die Audioqualität der eingebauten Mikrofone ist für atmosphärische Töne („Atmo“) zwar oftmals ausreichend: Wer Straßenlärm, Handwerk oder Konferenzgemurmel aufnimmt, erzielt schon mit dem Smartphone-Mikrofon allein sendefähige, akzeptable Ergebnisse. Die größten Schwierigkeiten macht den internen Mikrofonen allerdings der Wind. Dagegen hilft ein „Windschutz“, der sich wie über das Mikrofon auch über ein Smartphone ziehen lässt (oben oder unten, auf der richtigen Seite – dort, wo das angesteuerte Mikrofon eingebaut ist). Mancher Windschutz für größere Mikrofone passt – es gibt auf dem Markt aber auch bereits „Windshields“, die auf Smartphones zugeschnitten sind, beispielsweise von Gutmann (ca. 30 Euro), Cubemic (ca. 20 Euro) oder die Windblocker-Schlüsselanhänger (ca. 12 Euro). Problematisch wird es jedoch für eingebaute Mikrofone oft beim Interviewton: Wenn ein Protagonist mit eingebautem Smartphone-Mikro nicht in einem perfekten Umfeld interviewt wird – ohne Umgebungsgeräusch, ohne Hall – dann werden die Ergebnisse enttäuschen, weil die Interviewpassagen von Atmo überdeckt werden. Für die Hörfunknutzung werden die Töne kaum brauchbar sein. Und auch den Gesamteindruck eines Videofilms verschlechtert die mangelhafte Audioqualität massiv: „Der Ton macht die Musik“ ist nicht nur eine Floskel. Hier helfen externe Mikrofone.
Abbildung 03-01 Der richtige Stecker: Im Smartphone funktioniert der graue „TRRS“Stecker links. Andernfalls hilft ein Adapterkabel wie dieses.
Ein technisches Detail vorweg: Wer Audio-Ausrüstung beispielsweise von seinem Camcorder nutzen möchte, könnte auf Probleme stoßen: iPhone, Android und Lumia verfügen zwar über einen 3,5-mm-Klinkeneingang, der wie der „normale“ Klinkeneingang aussieht, den auch der Camcorder bietet. Beim Anschluss von Mikrofonen gibt es jedoch etwas zu beachten: Anders als der Camcorder ist der Smartphone-Eingang in vier „Streifen“ unterteilt (Abb. 03-01) (links in grau), während der „normale“ Stecker nur drei „Streifen“ besitzt (rechts in schwarz). Der vierstreifige Stecker wird als „TRRS-Stecker“ bezeichnet. Mikrofone sollten also einen TRRS-Stecker mitbringen, damit sie am Smartphone funktionieren. Haben sie dagegen „nur“ einen dreistreifigen TRS- oder gar keinen 3,5mm-Klinkenstecker, ist ein Adapter erforderlich, um das Mikrofon nutzen zu können. Und Achtung – auch dieser Adapter muss einen TRRS-Ausgang bieten. Viele Mikrofone, die für Smartphones angeboten werden, bieten heute (selbstverständlich) einen TRRS-Stecker. TRRS hat einen Vorteil: Über denselben Anschluss kann Ton ins Smartphone und gleichzeitig aus dem Smartphone gelangen. Dies eröffnet die Möglichkeit, Ton bei Aufnahmen auch abzuhören (sofern die benutzten Apps dies unterstützen). Die einfachste Möglichkeit dazu ist ein Adapterkabel – ein sogenannte Y-Kabel, das den vierstreifigen TRRS-Stecker auf zwei 3,5mm-Buchsen für Mikrofon und Kopfhörer verteilt. Im Online-Handel laufen diese Adapter oft als „Combo“-Stecker, zum Teil für „Gaming“-Headsets.

Am häufigsten nutze ich ein Lavalier-Mikrofon: Denn während mein Smartphone notfalls die Atmo mit den eingebauten Mikrofonen einfängt, verbessert das Lavalier-Mikrofon den Interviewton nachhaltig. Ein Lavaliermikrofon wird in etwa 20 cm Abstand vom Mund an die Kleidung angesteckt. Es fängt tiefe Frequenzen auch dadurch ein, dass es am Körper anliegt. Wichtig ist die Ausrichtung: Das kleine Mikrofon sollte in Mundrichtung zeigen. Kleine Änderungen können sich hörbar auf den Ton auswirken. Lavaliermikrofone sind empfindlich: Wenn Kleidung sich bewegt, nehmen sie auch das Rascheln der Stoffe auf. Beim Anstecken ist also ein wenig Sorgfalt erforderlich. Ein gutes Smartphone-Lavaliermikrofon wie das „Røde Smartlav+“ (Abb. 03-02) kostet rund 60 Euro. Weil mir das Mikrofonkabel zu kurz ist, um gleichzeitig ein gutes Bild einzufangen, nutze ich das Mikrofon fast ausschließlich mit einer TRRS-Verlängerung (ca. 5 Euro). Der deutsche Hersteller Sennheiser hat eine hochwertigere Reihe von Lavaliermikrofonen für iPhones entwickelt: Das „ClipMic Digital“ und das „MKE2 Digital“ speisen über ein kleines Adapterteil, das der iPhone-Tonspezialist Apogee für Sennheiser entwickelt hat, digitalen Ton ins iPhone. Der asiatische Herstelle BOYA bietet Lavalier-Mikrofone für das Smartphone mit immer noch guter Qualität zu sehr niedrigen Preisen (ab 20 Euro). Aber auch herkömmliche Mikrofone lassen sich per Adapter nutzen: Wer eine VJ-Ausrüstung besitzt oder bei seinem Auftrag- oder Arbeitgeber Zugriff auf technische Geräte hat, kann vorhandene Mikrofone an das Smartphone anschließen. Die Firma IKMultimedia hat eine Reihe von Mikrofonen und Zubehörteilen für Audioaufnahmen per Smartphone entwickelt. Besonders praktisch ist dabei aus meiner Sicht das iRig PRE für knapp 40 Euro, ein kleiner Adapter, der sich per TRRS-Stecker mit dem Smartphone verbinden lässt (Abb. 03-03). Das iRig PRE lässt sich auch an iPhones anschließen, es gibt aber auch das doppelt so teure iRig PRO, das sich über den Apple-eigenen Lightning-Anschluß nur mit iOs-Telefonen verbindet. Ohne Adapter ist es für das neue iPhone 7 die einzige Option. Die Tonqualität ist minimal besser, weil der Ton digital ins iPhone eingespeist wird. Zudem bleibt bei älteren iPhone-Modellen der Kopfhörereingang frei, was aber nur von geringem Vorteil ist. Denn das iRig verfügt über einen kleinen Kopfhörerausgang, mit dem sich auch während der Aufnahme Ton abhören lässt – wenn die entsprechende App dies unterstützt. Mikrofone lassen sich an das iRig über die üblichen XLR-Stecker anschließen. Das iRig enthält eine 9-Volt-Blockbatterie, mit der es Kondensatormikrofonen die benötigte Phantomspeisung zur Verfügung stellt. Es lässt sich aber auch ohne Phantomspeisung betreiben. Ein kleines Rädchen an der Seite regelt die Audiolautstärke, was insbesondere hilfreich ist, um leise Tonquellen anzuheben.

Hilfreich sind gerichtete Mikrofone. Sie können Interview-O-Töne einfangen, wenn ein Ansteck-Mikrofon nicht eingesetzt werden kann: Bei Straßenumfragen wird man beispielsweise nicht jeden Passanten aufwändig verkabeln. Zudem kann das kabelgebundene Ansteckmikrofon hinderlich sein, wenn ein Reporter lebendige situative O-Töne einfangen möchte, bei denen ein Protagonist beispielsweise aktiv handelt wie der Automobilbauer, der zwischen Maschinen hin- und herläuft. Zudem kann ein gerichtetes Mikrofon helfen, die „richtige“ Atmo einzufangen. Ein Beispiel: Während eines Journalistentrainings in Myanmar hat der großartige Kollege Phyo Wailin einen kleinen Beitrag über einen Mann gedreht, der am Straßenrand nahe der Shwedagon-Pagode in der Hauptstadt Yangon Kokosnüsse aufschlug und sie zum Trinken verkaufte. Der Straßenlärm war enorm. Mit seinem Smartphone konnte Phyo kaum etwas anderes einfangen als das Geräusch vorbeifahrender Autos. Mit einem gerichteten Mikrofon hätte er das Schlagen des Messers mutmaßlich einfangen können. Neben dem Anschluss eines gerichteten Mikrofons über das iRig ist eine gute Option beispielsweise das „Røde Videomic“ für ca. 60 Euro, das mit Windschutz und Halterung geliefert wird.

Daneben gibt es viele weitere Möglichkeiten: Tascam bietet mit dem iM2 ein gutes Stereomikrofon, das in den Lightning-Adapter der iPhones passt. Zudem sind gute USB-Mikrofone eine Alternative für guten Klang. Der BBC-Reporter Nick Garnett beispielsweise schwört auf das Samson Meteor, das er über den Kamera-Adapter mit seinem iPhone verbindet. Android-Telefone müssen den sogenannten „OTG-Host“-Modus unterstützen (viele neuere Telefone erfüllen diese Anforderung), damit sich Mikrofone an den Mini-USB-Port anschließen und nutzen lassen. Auch die jeweilige App muss das USB-Mikrofon unterstützen. Eine Möglichkeit ist das „Røde NTB-USB“. Auch das „iRig-Multimedia Mic HD-A“ erzielt gute Ergebnisse. Florian Reichart, der in seinem Blog „smartfilming.com“ viele technische Details für mobile Journalisten sammelt, empfiehlt außerdem das „t.bone MB 88U Dual“ von Thomann für gerade 39 Euro. Bluetooth-Mikrofone sind eine weitere Option, die ich aber eher kritisch sehe: Zum einen reicht die Klangqualität von bloßen Telefon-Headset oft nicht für journalistische Zwecke aus – das Mikrofon produziert Aufnahmen, die allenfalls wie bessere Telefongespräche klingen, ohne Bässe, ohne ein möglichst breites Frequenzspektrum. Zum anderen halte ist das Bluetooth-Pairing zwischen Headset/ Mikrofon und Telefon noch immer für fehleranfällig, insbesondere, wenn (wie bei „mobile journalism“ die Regel) Apps für Ton- und Videoaufnahmen verwendet werden. Auf der anderen Seite unterstützen viele Apps (wie beispielsweise EasyVoiceRecorder, siehe Kapitel 4.2, oder Filmic Pro, siehe Kapitel 5.3.) BluetoothMikrofone.

Bei Livestreams ist die Kontrolle der Audio-Qualität wichtig (siehe Kapitel 7). Apps wie Facebook Live oder Periscope unterstützen allerdings keine AudioRückkanäle, die beispielsweise über das iRigPre abgehört werden können. Dadurch ist die Gefahr bei Nutzung externer Vorverstärker wie dem iRigPre groß, den Ton während des Livestreams entweder zu leise oder zu laut (also verzerrt) ins Telefon zu leiten. IKMultimedia hat für diesen Anwendungsfall das „IKlip A/V“ entwickelt, eine Smartphone-Halterung mit XLR-Anschluss für Mikrofone. Schade ist, dass sich der Sendeton auch hiermit nicht kontrollieren lässt. Zudem bietet die zum Teil aus Plastik gefertigte Halterung keinen Blitzschuh, mit dem Licht oder anderes Zubehör genutzt werden könnte. Eine Lösung für Audio-Monitoring bei Livestreams können kleine Audiomischer sein, die für die Tonaufnahme mit DSLR-Kameras entwickelt wurde. Sie bieten auch die Möglichkeit, mehrere Tonquellen zu nutzen und gegeneinander auszupegeln, beispielsweise ein Lavalier-Mikrofon für den „Moderator“ und ein gerichtetes Mikrofon für Interviews.

Es gibt verschiedene Optionen auf dem Markt, darunter der Saramonic SRPAX-2, der zwei XLR- und zwei Klinkenanschlüsse sowie Phantomspeisung für Mikrofone anbietet. Zudem bietet das Gerät ein Aufnahmegewinde für eine ¼-Zoll-Stativschraube an der Unterseite sowie eine eigene Stativschraube, um auf der Oberfläche beispielsweise eine Smartphonehalterung (siehe Kapitel 3.4.) anzubringen. An der Seite ist eine Schiene für Blitzschuh-Adapter angebracht. Der kleinere Saramonic „Smartmixer“ kommt sogar mit eingebauter Smartphone-Halterung, erlaubt es aber nicht, Mikrofone gegeneinander auszupegeln: Es gibt nur einen Regler für alle Kanäle. Weitere Optionen sind beispielsweise der Tascam DR60D MKII oder der Fostex AR 101. Auch für Videoaufnahmen mit aufwändigerem Ton – beispielsweise Aufnahmen mit zwei Gesprächspartnern oder Ton aus einer Beschallungsanlage – können die vorgeschlagenen Audiomischer sinnvoll sein. Allerdings gilt auch hier wie für #Mojo allgemein: Je einfacher, desto besser. Sicherlich lohnt sich die Anschaffung nur, wenn ein Reporter bei der Benutzung von externen Mikrofonen in anspruchsvolleren Situationen schon häufiger an seine Grenzen gestoßen ist.

3.4 Stative

„Die Natur ist dein Stativ“ – diese Faustregel aus vielen Videojournalisten-Schulungen gilt auch für Smartphones. Natürlich lassen sich Smartphones an Steine oder Gläser anlehnen (oder per Haargummi daran befestigen – ein improvisiertes Stativ!), auf das Display legen für einen Schuss in die Wolken – oder in ein Glas, während es mit Kaffeebohnen befüllt wird, für einen „Wow-Shot“ (siehe Kapitel 5.3.). Zuviel Zubehör und Technik kann Kreativität auch einengen – schließlich ermöglicht das kleine Smartphone ganz andere Drehsituationen und Blickwinkel, verglichen mit der großen TV-Kamera. „Weniger ist mehr“ – an diesen Gedanken sei noch einmal erinnert, gerade, wenn es um schwere Stative geht. Ein Reporter, der sich auf Audioaufnahmen konzentriert, braucht mutmaßlich selten ein Stativ für sein Smartphone, und auch ein Videoreporter würde selbstverständlich ohne Stativ auskommen, wenn er müsste. In Kapitel 5. 2. gibt es einige Hinweise zum „Handstativ“, also dazu, wie sich mit dem Smartphone auch ohne Zubehör einigermaßen ruhige Bilder drehen lassen. Wer sich ein Stativ kaufen möchte, dem würde ich zu einem kleinen, in vielen Situationen einsetzbaren Mini-Stativ raten. Es ergänzt die Natur wunderbar – für ein Interview lässt sich das kleine Stativ beispielsweise auf einen Bücherstapel oder ein Autodach stellen, und schon ist das Smartphone in Augenhöhe des
Interviewpartners. Viele #Mojos schwören auf das Manfrotto Dreibei-Tischstativ „Pixi“ (ab ca. 25 Euro), das einen sehr stabilen, sicheren Stand gibt. Manfrotto bot bis vor kurzem auch einen faltbaren „Pocket-Tripod“ an, der noch gebraucht erhältlich ist. Es gibt eine Vielzahl weiterer kleiner Fotostative, die ausreichend unterstützen können. Ich habe gute Erfahrungen mit dem „Gorillapod magnetic“ (ca. 25 Euro) gemacht, einem Stativ mit biegbaren Beinen, das sich wunderbar um Gegenstände schlingen lässt, um ein Smartphone in ungewöhnliche Positionen für einen interessanten Blickwinkel zu bringen. Die magnetischen Stativfüße ermöglichen zudem, den Gorillapod beispielsweise sicher an Straßenschilder oder auf Autodächer zu heften. Kritiker könnten einwenden, dass das Stativ durch die Flexibilität der Beine auch ein wenig instabil wird – Geschmackssache. Bei einer Demonstration zum 1. Mai in Hamburg habe ich mit dem Gorillapod viele Aufsager produziert (Abb. 03-06). Um mich herum haben manche Kollegen und Demonstranten zwar (meist freundlich) gelacht – aber dennoch: Ich war flexibel, konnte überall als One-Man-Show Aufsager für die Internet-Kollegen von NDR. de produzieren, ohne ein großes Stativ auf- und abbauen, geschweige denn mit mir herumtragen zu müssen.
Auch größere Stative können helfen – insbesondere bei Interviews im Stehen, die im Medienalltag häufig sind. Glen Mulcahy, Innovationstreiber beim irischen öffentlich-rechtlichen Sender RTÉ und einer der #Mojo-Vordenker, schlägt in seinem Blog „TVVJ“ das „Manfrotto 560B“-Einbeinstativ vor (ca. 130 Euro), das mit drei ausfaltbaren, kleinen Füßen auch allein stehen kann. Zudem empfiehlt er das „Hähnel C5“-Dreibein-Stativ, das in ein Einbeinstativ umgebaut werden kann. Es lässt sich klein zusammenfalten, erreicht aber nur eine maximale Arbeitshöhe von 1,45m. Aus meiner Sicht ist das etwas zu niedrig – für das Interview eines stehenden Protagonisten sollte das Stativ mindestens 1,75m bis 1,80m erreichen, damit das Smartphone auf Augenhöhe filmen kann und die Eyeline stimmt (siehe Kapitel 5.2.). Ich habe gute Erfahrungen mit dem „Rollei C5i“-Stativ gemacht, das knapp 1,80m Arbeitshöhe erreicht. Dessen Kugelkopf ermöglicht schnelle Korrekturen des Bildausschnitts (anders als ein 3-WegeNeiger, der präzisere Einstellungen ermöglicht, aber in der Bedienung auch mehr Zeit beansprucht). Schwenks sind mit dem Kugelkopf durch die zusätzliche horizontale Drehung dennoch möglich. Per Wasserwaage kann die Stativplatte zuvor plan ausgerichtet werden. Das C5i hat zudem eine höhenverstellbare Mittelsäule. Auf diese Weise lässt sich die Arbeitshöhe noch kurzfristig ändern, ohne jeweils drei Beine ein- oder auszufahren und anschließend mit den eingebauten Wasserwaagen die Kamera wieder „auf Level“ zu bringen. Zudem lässt sich das C5i-Stativ in einen Monopod (Einbein-Stativ) umbauen. Bei der Nutzung von Einbeinstativen sei allerdings vor der Gefahr gewarnt, mit schiefem Horizont zu drehen: Wer nur auf einem Bein steht, gerät leichter in Schieflage.

3.5 Smartphone-Halterungen

Smartphones haben keine Aufnahmegewinde für Stativschrauben wie viele Kameras. Insofern braucht die Verbindung zwischen einem Stativ und einem Smartphone noch einen „Helfer“: eine Smartphone-Halterung, ein „Rig“ oder „Grip“. Der Markt wird davon mittlerweile überschwemmt. Viele wackelige Selfie-Sticks kommen mit ebenso wackeligen Halterungen. Es gibt jedoch auch einige Produkte, die sehr gut für mobilen Journalismus geeignet sind. Professionell nutzbare Halterungen sollten ein Gewinde bieten, das ¼-Zoll-Fotoschrauben aufnehmen kann. Die im folgenden vorgestellten Halterungen erfüllen diese Bedingung.

Die günstigste brauchbare Variante ist aus meiner Sicht die Smartphone-Halterung, die der Gorillapod-Hersteller Joby unter dem Namen „Griptight“ (ca. 12 Euro) auf den Markt gebracht hat. Mittlerweile gibt es eine XL-Version für größere Smartphones über 5 Zoll. Eine einfach zu öffnende Klammer hält dabei das Smartphone fest. Manche #Mojos berichten, das das „Griptight“ schon bei der dritten Benutzung zerbrochen sind, meiner hält jedoch seit Jahren. Wird die Halterung mit dem biegbaren Gorillapod kombiniert, könnte das Ergebnis jedoch in der Tat etwas wackelig werden. Eine sehr viel schönere und verlässlichere Variante ist der Shoulderpod S1, nicht nur wegen seiner Geschichte: Zwei großartige katalanische Designer aus Barcelona, Enrique Frisancho und Ana Maria Vicens, hatten kurz vor Beginn der Wirtschaftskrise 2008 ein Designbüro gegründet. Als die Kunden ausblieben, machten sie aus ihrer privaten Leidenschaft für die Smartphone-Fotografie kurzerhand selbst ein Produkt. Sie hatten herausgefunden, dass ihr Smartphone zwar gute Bilder aufnehmen konnte, dass es aber nicht gut zu halten und schon gar nicht mit einem Stativ zu verbinden ist. Sie entwickelten den Shoulderpod S1, der sich per Schraube präzise auf die jeweilige Smartphone-Größe einstellen lässt und ein Telefon sicher hält, ohne zu wackeln. Der S1 kann außerdem als Tischständer für ein Smartphone und mit jedem üblichen Stativ kombiniert werden. Der S1 ist extrem beliebt in der #Mojo-Szene, auch, weil er mit Bedacht und Liebe zum Detail gestaltet wurde. Mittlerweile hat der S1 Brüder und Schwestern bekommen: Es gibt einen hölzernen Handgriff sowie eine Holzschiene (R1 Pro), auf die sich neben dem S1 noch Licht- und Tonaccessoires aufschrauben lassen, so dass ein „Smartphone“-Rig für den aufwändigeren Einsatz entsteht. Die Shoulderpod-Reihe ist besonders flexibel – ein Beispiel für die Nutzung des R1 Pro unter Einbindung eines Audiomischers ist
für mehr Zubehör – sind jedoch ein Schritt weg vom kompakten Alleskönner Smartphone hin zu aufwändigerem Zubehör. Ein gutes Rig ist aus meiner Sicht beispielsweise das „Beastgrip Pro“, das aus einer populären Kickstarter-Kampagne hervorgegangen ist. Im Bild ist es mit Aufsatzlinse (siehe 3.6.) und Røde Videomic samt Windschutz zu sehen. Der große Vorteil: Alle drei Geräte lassen sich mit einer Hand halten – und der Halt eines Rigs ist sehr viel besser als die nackte Hand am Smartphone. Zudem lässt sich das Beastgrip auf ein Stativ aufschrauben. Neben dem bereits erwähnten Shoulderpod R1 Pro gibt es weitere Anbieter von Smartphone-Rigs: Populär sind beispielsweise der Padcaster, der speziell für das iPad entwickelt wurde, sich aber auch mit anderen Geräten wie einer GoPro kombinieren ließe, der iOgrapher for iOs-Telefone sowie viele „Cases“, die für den Einsatz von Aufsatzlinsen (siehe 3.6.) entwickelt wurden. Neu auf dem Markt ist das Smartphone-Rig des aus Hongkong stammenden Herstellers Meike, an dem sowohl Aufsatzlinsen als auch ein Ringlicht befestigt werden können.

3.6 Gimbals

Spätenstens bei „Gimbals“ beginnt die Kür – Pflicht sind sie keinesfalls. Gimbals helfen, eine Kamera beim Dreh zu stabilisieren, in dem kleine Motoren und Elektronik die Bewegungen der Hand über drei Achsen (links/rechts, oben/unten, seitwärts – „3 axis“) ausgleichen. Sie ermöglichen, trotz Bewegung den Horizont gerade zu halten, und folgen Handbewegungen am Griff mit galanten, gleichmäßigen Schwenks des Smartphones. Standard sind Gimbals bei den meisten Kameradrohnen, bei denen sie nicht nur Flugbewegungen und Ausgleichsbemühungen bei stärkerem Wind ausgleichen, sondern auch die dauerhaften Vibrationen. Ohne Gimbal sind Drohnenaufnahmen oft nur nach langer Bearbeitung und Bildstabilisierung nutzbar, unter denen wiederum die Auflösung leidet. Auch im Bereich der Sportvideographie mit „Action Cams“ (GoPro etc.) haben Gimbals Einzug gehalten und für sehr stabile, ruhige Bilder auch bei ruckartigen Bewegungen gesorgt.
Im mobilen Journalismus können Gimbals helfen, insbesondere bei bewegter Kamera Ruhe und Stabilität ins Bild zu bringen. Eine Reportage, die einem Protagonisten folgt, der Gang entlang einer Plakatwand oder durch eine Ausstellung, der Aufsager in die Kamera, während der Reporter etwas erlebt – hierbei kann ein Gimbal enorm helfen und Bilder produzieren, die denen einer Steady Cam ähneln. „Steady Cams“ sind professionelle TV-Ausrüstung: teuer, schwer und aufwändig zu bedienen. Gimbal sind dagegen – auch, weil mit dem Smartphone als Kamera sehr viel weniger Gewicht stabilisiert werden muss – klein und leicht, aber mit ähnlich großartigem Effekt auf das gedrehte Bild. Der Nachteil: Gimbals sind kein „kleines Stück Ausrüstung“. Sie müssen vorsichtig gehandhabt werden und kommen daher häufig mit eigener Tasche oder kleinem Koffer, der die eigene Ausrüstung insgesamt umfangreicher macht. Eingesteckte Kabel, beispielsweise für externe Mikrofone, behindern oft die Funktionsweise des Gimbals. Ich entscheide von Fall zu Fall, ob ich meinen Gimbal mitnehme: Wenn ich weiß, dass ich in einem geschützten Raum Zeit für „Wow-Shots“ (siehe Kapitel 5.3.), packe ich mein Gimbal-Köfferchen gern ein. Wer im Zweierteam zum Dreh startet oder das Auto nahebei parkt, sollte die Mitnahme auch erwägen. Wer jedoch eine Demonstration begleitet und jederzeit mobil und arbeitsbereit sein möchte, der sollte auf die Gimbal-Kür verzichten. Zudem braucht der Gimbal Strom – eine weitere Batterie, die geladen werden muss – und im entscheidenden Moment leer sein kann.
Bei der Auswahl des Gimbals sollte man die Größte des Smartphones im Blick haben. Der CamOne Gravitty Sports 3D für ca. 220 Euro ist ein solider, robuster Gimbal und nimmt beispielsweise Telefone bis zur Größe eines iPhone 6S+ auf. Ein Nexus 5 ist dagegen zu groß. Eine kleinere Version nimmt GoPros und ähnliche Action Cams auf. Auch Cam One hat seine ersten Gimbals für Flugdrohnen entwickelt und auf Basis dieser Erfahrungen ein gutes Modell für den mobilen Einsatz entwickelt. Beliebt in der #Mojo-Community ist auch der Lanparte HHG01, der mit ca. 300 Euro aber ohne erkennbaren Vorteil etwas teurer ist. Der Markt explodiert derzeit – weitere Hersteller zu ähnlichen Preisen sind iKan (Fly X3 Plus), Feiyu (G4 Plus) oder Husky (HY3M) speziell für größere Smartphones. Auch bei Crowdfunding-Plattformen wie Kickstarter oder Indiegogo tauchen immer wieder vielversprechende Gimbal-Angebote auf, zuletzt der Proview S3 für umgerechnet gerade noch 130 Euro.

Die Kreuzung aus Gimbal und SteadyCam versucht eine Münchener Firma: Der Luuv-Stabilizer richtet sich vor allem an Sport- und Actionfilmer. Der Charme: Die Basis-Version „solid LUUV“ (ca. 200 Euro) kommt dank kardanischer Aufhängung ohne Batterien aus (wiegt aber wegen der Ausgleichsgewichte mehr als ein Gimbal). Der „ultra Luuv“ (ab 480 €) kombiniert kardanischen Bewegungsausgleich mit einem zusätzlichen elektronischen Gimbal. Das Ergebnis sind noch ruhigere Bilder als bei „einfachen“ Gimbal, weil Schritte und Bewegungen noch besser ausgeglichen werden. Der Drohnenhersteller DJI hat zudem mit der DJI Osmo eine 4K-Kamera auf den Markt gebracht, die direkt mit einem Gimbal verbunden ist. Die dafür verwendete X3-Kamera wird auch in DJI-Drohnen verbaut – der Grund dafür, dass DJI auch den Osmo-Griff allein (ohne Kamera) verkauft. Zudem bietet DJI den Gimbal ohne Kamera, dafür mit Smartphone-Halterung, als „DJI Osmo Mobile“. Auch die Kameras und Gimbal anderer Drohnen lassen sich per Hand nutzen, darunter die Q500 vom Hersteller Yuneec. Auch GoPro hat mit der Karma-Drohne ein ähnliches Konzept auf den Markt gebracht.
3.7 Aufsatzlinsen Aufsatzlinsen gibt es mittlerweile für fast alle Smartphone-Modelle in vielen Preisklassen. Ich muss gestehen: Ich setze sie nicht besonders häufig ein. Zum einen geht mir beim Linsen-Auf- und Abschrauben oft der Zeitvorteil verloren, den ich mir vom Smartphone erhoffe. Zum anderen bewege ich mich am Drehort, anstatt per Linse Distanzen zu überbrücken. Hinzu kommt, dass (fast) alle Smartphones per se weitwinklig drehen, sodass Weitwinkel-Linsen eher erlässlich sind. Extreme Weitwinkel setze ich im Journalismus eher selten ein. Dasselbe gilt für FischaugenAufsätze, die sehr beliebt und in fast jedem Linsen-Set enthalten sind, die inhaltlich aber nur zu den wenigstens Themen etwas beitragen: Der buchstäbliche Schlüssellochblick kommt im journalistischen Videobericht eher selten vor. Telephoto-Linsen dagegen verschlucken oft viel Licht, produzieren matschige, unbefriedigende Bilder oder gar (wenn die Modelle nicht Smartphone-kompatibel sind) schwarze Ränder. Meine Lieblingslinse ist die Makro-Linse, weil sie ermöglicht, Gegenstände sehr dicht abzufilmen und Strukturen, Oberflächen oder Zeichnungen festzuhalten. Inhaltlich kann das relevant sein. Interessant sind zudem Linsen, die anamorph verzerren: Sie nehmen ein Bild auf, das breiter ist als das übliche Weitwinkel-Bild, indem sie es stauchen. Bestimmte Kamera-Apps wie FilmicPro (s. Kapitel 5.4.) unterstützen die Nutzung derart produzierter Videos. Der komplett per iPhone gedrehte Kinofilm „Tangerine“ über Transsexuelle in Las Vegas ist beispielsweise per Filmic Pro mit der von der App unterstützen anamorphen Linse von Moodoglabs aufgenommen worden. Eine Linse muss vor der Smartphone-Kamera befestigt werden . Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Zum einen bauen die Hersteller von Smartphone-Rigs Gewinde für Aufsatzlinsen in ihre Halterungen ein. Das mit Android-, Windows und iOs-Smartphone kompatible Beastgrip Pro bietet beispielsweise ein 37mmGewinde und verkauft verschiedene eigene Linsen im Paket. Andere Case-/Rig- oder Linsenhersteller haben sich auf das iPhone konzentriert, wie beispielsweise Mcam (mit der ALM-Linsen-Reihe), ExoLens, Yopo, Ztylus, Manfrotto Klyp, Optrix PhotoProX, Moment Mobile Photography Lenses oder die sehr hochwertigen iPro-iPhone-Linsen von Schneider Optics. Alle bieten eine Kombination aus Rig/Case mit Gewinde und Linsen an. Andere Linsen funktionieren ohne Rig: Populär sind die Produkte von Olloclip für iOs-Telefone (ca. 80 €). Sie lassen sich mit einer Klammer direkt auf das iPhone aufschieben. Das ist praktisch, bedeutet aber auch, dass sie mit einem festen Objektivabstand vom iPhone-Rand arbeiten und damit eben nicht mit anderen Telefonen kompatibel sind. Zudem sitzen aufgesteckte Linsen nicht so wackelfrei wie solche, die an einem Case oder Rig angeschraubt werden – eine Fehlerquelle, wenn beim fordernden Dreh plötzlich die Linse verrutscht. Auch der anamorphe Adapter von Moondoglabs lässt sich auf das iPhone aufschieben und ist damit nicht kompatibel mit anderen Telefonen. Daneben gibt es eine Vielzahl anderer Hersteller von Clip-Linsen, darunter Makayama, Mobi-Lens, Lensbaby, Phocus Accent oder XCSource. Zudem gibt es Systeme, die die Linsen magnetisch am Telefon befestigen, darunter Photojojo, VicTsing oder Wonbsdom. Einen Schritt weiter gehen Systemkameras, die das Smartphone als Monitor und zur Kamerasteuerung verwenden: Sony hat mit seiner QX-Reihe Pionierarbeit geleistet. Die Linsen lassen sich an verschiedenen Smartphones (auch Android!) befestigen oder separat nutzen. Über WiFi verbinden sich die QX-Linsen mit dem Smartphone, dessen Bildschirm nun als Kamerasucher dient. Die „Aufsatzkamera“ bietet manche Vorteile (optischer Zoom, bessere Linseneigenschaften), aber auch Nachteile (zusätzliche Batterie, langsame WiFi-Verbindung mit zum Teil mehrsekündiger Verzögerung zwischen Linse und Smartphone). Auf die QX-1 (ca. 270 Euro) lassen sich andere Objektive mit Sony-E-Mount aufsetzen. Kodak hat mit der SL10 und der SL25 ähnliche Produkte auf den Markt gebracht.

Nur mit dem iPhone funktioniert dagegen die DXO One (Abb. 03-14). Sie verbindet sich über den Lightning-Adapter mit dem Telefon und kämpft damit nicht mit langen Latenzen durch die Funkübertragung des Bildes. Der 1-Zoll-Sensor liefert großartige Bilder, allerdings schießt die Kamera Video wiederum nur mit 30 Bildern pro Sekunde, was mit Blick auf den europäischen TV-Standard PAL (25 Bilder pro Sekunde) ärgerlich ist. Die DXO One kostet rund 500 Euro. Auch hier gilt: Diese zusätzlichen Module sind höchstens die Kür, in keinem Fall Pflicht für mobilen Journalismus. Denn nach wie vor halte ich die Faustregel „Weniger ist mehr“ für kreativitätsfördernd – und schlichtweg praktisch.
3.8 Licht „Vorhandenes Licht ist Dein Freund“: Ich versuche, bei Drehs ohne zusätzliches, künstliches Licht auszukommen, so lange es geht: Zum einen, weil Licht richtig zu setzen keine einfache Angelegenheit ist. Dann, weil ich oft ein wenig zu faul bin, zusätzliche Leuchten mitzubringen. Und schließlich, weil meist dann, wenn ich die Leuchte benötige, deren Batterien leer sind. Tagsüber wird ein Dreh draußen so gut wie nie an zu wenig Licht scheitern, eher an zu viel – oder an der falschen Drehrichtung im Verhältnis zum Licht. Die Faustregel lautet: Mit dem Rücken zum Licht stehen (siehe Kapitel 5.3.). In einem Gebäude lässt sich mit Raumlicht und einer Stehlampe oft schon eine sehr gute Ausleuchtung für ein Interview herstellen. Aber manchmal reicht das vorhandene Licht nicht aus, beispielsweise bei einem Clubkonzert, um Menschen im Publikum zu filmen oder nach dem Konzert zu interviewen. Dann sind kleine Lichter hilfreich bis nötig, die sich oft an Rigs und Cases (siehe Kapitel 3. 4.) anbringen lassen. Zudem kann das kleine zusätzliche Licht in einer gut mit vorhandenem Licht ausgeleuchteten Situation die Augen eines Interviewpartners zum Leuchten bringen – „a sparkle in the eye“ macht oft den Unterschied.

Auf Smartphone-Nutzung zugeschnitten ist beispielsweise die iblazr-Produktlinie, die ich sehr schätze. Die iblazr-Leuchte ist kleiner als eine Streichholzschachtel. Die 4 LEDs machen akzeptables Licht auf nicht allzu große Entfernung. Weil Smartphones eher weitwinklig drehen, ist bei Interviews der Abstand zum Protagonisten in der Regel ohnehin nicht besonders groß. Zudem hält die Batterie über viele Drehtage. Das Licht lässt sich per USB in ca. 20 Minuten laden. Ein kleiner 3,5mm-Klinkenstecker verbindet den iblazr sowohl mit dem Ladekabel als auch mit einem Adapter, mit dem das Licht im Licht-/Blitzschuh einer Smartphone-Halterung (Case/Rig) befestigt werden kann. Die erste iblazrGeneration ist schon nicht mehr auf dem Markt. Der iblazr2 ist etwas größer und ausgefeilter. Mit Ladekabel und mehreren Farbfiltern kostet das Komplettpaket im Onlineshop des Herstellers Concepter.Com rund 100 Euro. Viele Nachahmer bieten ähnliche Produkte: Ab 4 Euro sind im Onlinehandel sogenannte „Selfie“-Lichter erhältlich, die sich bei 3,5mm-Klinkenstecker am Smartphone befestigen lassen. Nicht vergessen: Das belegt (zumindest bei Android-Telefonen) den Eingangsport für externe Mikrofone. Wer also ein Licht mit Klinkenstecker kaufen möchte, sollte darüber nachdenken, wie er es befestigt (ich habe aus einer ¼-Zoll-Stativgewindeschraube und einem Kopfhörer-Adapterstecker mit Kunststoffkleber eine Halterung gebaut, die ich in das ¼-Zoll-Gewinde des Beastgrip schrauben kann). Interessant sind auch die Rock-SmartphoneLeuchten, die modellunabhängig per Clip am Telefon befestigt werden können und mit einem Kreis aus 10 LED viel Licht produzieren. Klassische Video- und Fotoleuchten, die im Licht-/Blitzschuh einer Halterung befestigt werden, sind ebenso nutzbar. Gute Erfahrungen im mobilen Journalismus haben Kolleginnen und Kollegen unter anderem mit dem Metz Mecalight LED 160 (ca. 20 Euro), der Manfrotto Lumimuse-Reihe (3 LEDs ab 40 Euro, 8 LEDs ab 80 Euro) oder die iKan iLed 120 (150 Euro). Viele Hersteller wie Neewer oder Anbieter ohne Namen bieten online brauchbare, günstige Alternativen an. Beim Kauf sollte man darauf achten, dass die Lampen eigene Batterien oder Akkus enthalten und keine zusätzlichen externen Stromquellen (Akkus) benötigen. Zudem sollten die Lichter stufenlos dimmbar sein. Großartig ist es, wenn sich zudem die Farbtemperatur ändern lässt, damit die Leuchten sich der natürlichen Lichtsituation innen und außen anpassen können und die Aufnahmen „farbecht“ (und nicht blau- oder rotstichig) gelingen.

3.9 Batterie und Ladung

Ein Smartphone-Journalist braucht volle Batterien: Das mag metaphorisch für den Menschen mit dem Telefon in der Hand gelten, es gilt in jedem Fall für das Telefon selbst. Die Nachricht kann noch so relevant, die Geschichte noch so gut erzählt sein – ohne Smartphone-Ladung ist „mobile reporting“ unmöglich. Ebendieses „mobile reporting“ verbraucht zudem überdurchschnittlich viel Batterieladung: Wer Videos dreht und schneidet, wer viel hochlädt und streamt, der geht an die Leitungsgrenzen seines Telefons und strapaziert vor allem die Batterie. Dazu kommt Zubehör, dass Strom frisst – externes Licht, mobile Hotspots, Gimbal etc. Viele Telefone bieten wenig Leistung: Die iPhones liefern kaum mehr als 2000 Milliampere-Stunden (mAh), manche Android-Telefone enthalten Akkus mit bis zu 6000 mAh. Dennoch wird bei „Breaking News“ jedes dieser Smartphone schon nach Stunden an seine Grenzen kommen und leer sein. Unterwegs helfen dann Powerbanks – mobile Ladegeräte, die wiederum zuvor aufgeladen werden sollten. Wer bei „Breaking News“ streamt, wird sie schnell anschließen müssen. Es gibt unzählige Modelle – die kleinsten bieten noch nicht einmal eine volle Telefonladung, sind aber leicht und helfen, wenn die letzten Drehminuten in Gefahr sind. Größere Akkublöcke liefern über 20.000 mAh-Stunden, sind aber schwerer. Jeder sollte seine bevorzugte Variante finden: Wer regelmäßig lädt und eher selten streamt, kommt vermutlich mit kleineren Powerbanks aus. Ich vergesse leider zu häufig, meine Geräte zu laden. Daher nutze ich die Anker PowerCore mit 20100 mAh, die ein iPhone rund sechsmal laden kann. Sie verfügt über zwei Ausgänge, sodass ich zeitgleich zwei Geräte laden kann. Allerdings wiegt die Powerbank auch rund 350g – ein schwerer Batzen in der Ausrüstung, der mich aber schon bei mancher Story gerettet hat.

„Alles immer laden“ sollte zur Gewohnheit werden. Das heißt: Ist der Dreh zu Ende, abends im Hotel, sollten alle Geräte geladen werden, damit sie über Nacht wieder volle Leistungsfähigkeit erreichen – inklusive der Powerbank. Wer für jedes Gerät ein einzelnes Ladeteil mitschleppt, wird im Hotelzimmer bei der Steckdosensuche verzweifeln. Ein guter Ersatz für viele einzelne Ladegeräte ist eine Ladestation (Abb. 03-16), die gleichzeitig drei bis zehn Geräte laden kann. Unter anderem „Anker“ hat gute Varianten auf den Markt gebracht: Klein genug für die #Mojo-Ausrüstung, aber leistungsfähig genug für #Mojo-Zwecke, ist der Anker PowerPort mit 5 USB-Anschlüssen (40 Watt) für ca. 20 Euro. Es gibt viele andere Modelle auf dem Markt – wichtig ist, beim Kauf auf die Leistung in Watt (W) und die Stromstärke in Ampere (A) zu achten. Alle Ports sollten bei gleichzeitigem Betrieb jeweils mindestens 2 A liefern können, sonst kann die Ladung abhängig vom Gerät ewig dauern oder sogar misslingen. Auch Auto-Ladegeräte, die in den Zigaretten-Anschluss gesteckt werden und bei der Fahrt zum Drehort für letzte Ladung sorgen können, sollten mindestens 2A liefern. Gute Ladegeräte passen die Stromstärke dem zu ladenden Gerät an. Viele Kabel: Wer gleichzeitig mit Android- (oder Windows-Smartphone) und iPhone hantiert, braucht verschiedene Ladekabel – und wer alle Geräte gleichzeitig laden muss, braucht nicht nur jeweils ein Kabel. Ordnung in der Tasche versprechen Kabel, die optional auf beiden Steckern (Lightning wie Mini-USB) enden (Abb. 03-17). Es gibt Varianten, die sich auf Spulen aufwickeln lassen – Kabelsalat adé.

3.10 Drohnen

Drohnen sind zunehmend interessant und nutzbar für Journalisten. In der Regel geht es dabei um Quadrokopter (Fluggeräte mit vier Rotoren) oder Multikopter (Fluggeräte mit mehr als vier Rotoren), die durch die Vielzahl ihrer Motoren relativ stabil in der Luft fliegen. Sie sind groß genug, um kleine Kameras zu befördern. Eigene Stabilisierungsprogramme und kleine Gimbals (siehe Kapitel 3.5.) erlauben mittlerweile sehr ruhige, ruckelfreie Bilder. Einige Drohnen kommen mit eigenen Kameras und Funkverbindungen, die es dem Piloten am Boden erlaube, auf einem Smartphone Bildinhalt und -qualität zu kontrollieren. Andere Drohnen bieten Befestigungen für Action-Kameras, beispielsweise aus der GoPro-Reihe. Zum Teil erlauben auch sie die Bildübertragung zur Kontrolleinheit am Boden.
Auch dieser Bereich hat sich in den vergangenen Jahren rasant entwickelt . Bisher waren Drohnen teuer, schwer zu bedienen und oft nur mit Genehmigung zu fliegen, wenn sie schwerer als 5 kg waren. Mittlerweile sind semi-professionelle Fluggeräte leicht zu bedienen, liefern fantastische Bilder – und sie sind zudem noch bezahlbar. Marktführer ist der Hersteller DJI, der mit der Phantom-Reihe Drohnen (Abb. 03-18) auf den Markt bringt, die es Piloten leicht machen, gute Bilder zu drehen. Sie kosten zwischen 800 und 1500 Euro, bieten eine „ComingHome“-Funktion, sollte die Drohne sich zu weit vom Piloten entfernen oder die Batterie zur Neige gehen, sowie sehr gute Soft- und Hardwarelösungen für einen möglichst ruhigen Flug selbst bei mittleren Windstärken. Gerade hat DJI seine jüngste Drohne vorgestellt: Die „DJI Mavic“ lässt sich zusammenfalten und in der Fototasche transportieren. Sie ist wendig, leicht und dreht ruckelfreie Videos in 4K. Der Actionkamera-Hersteller GoPro hat mit seiner „Karma“-Drohne das Konkurrenz-Produkt auf den Markt gebracht, das allerdings in den meisten Spezifika etwas weniger bietet als die DJI Mavic. Andere Hersteller sind Yuneec, Walkera, WLtoys, von denen bisher aber nach meinem Wissen keiner ein ähnlich gutes Rundum-Paket entwickeln konnte. Lohnt sich die Anschaffung einer Drohne? Luftbilder können Berichte fantastisch ergänzen: Sie können dem Zuschauer einen Überblick geben, Distanzen klar oder Gebäude oder Gelände erfassbar machen. Auch hier gilt grundsätzlich: Ein Luftbild sollte nicht des Luftbilds wegen eingebaut werden – obwohl selbst das manchmal reizvoll sein kann: Ab und an siegt Schönheit über Inhalt. Mit der Drohnen-Schwemme wird sich dieser Effekt mutmaßlich in den kommenden Jahren abnutzen. Wer Spaß an Technik hat, der kann sich mit einer Drohne im journalistischen Wettbewerb für eine verhältnismäßig geringe Investition ein Alleinstellungsmerkmal verschaffen. Jedermann kann eine moderne Drohne fliegen. Erfahrene Piloten geben oft den Rat, zunächst mit einem billigen Quadrokopter ohne Kamera (ab 10 Euro) die Steuerung zu üben, um ein Gefühl für die Flugeigenschaften einer Drohne zu entwickeln, und dann auf das teure Modell mit Kamera umzusteigen. Zu beachten sind jedoch wichtige Vorschriften: Zum einen sollte jeder Pilot – unabhängig davon, ob er die Drohnen als Hobby fliegt oder beruflich Bilder produziert – seine Haftpflichtversicherung prüfen. Die meisten herkömmlichen Versicherungen decken Schäden durch Drohnen nicht ab. Hier ist der Abschluss einer gesonderten Versicherung vorgeschrieben – seit 2005 gilt Versicherungspflicht für unbemannte Flugobjekte. Eine Aufstiegsgenehmigung für Drohnen ist erforderlich, wenn die Drohne schwerer als 5 kg ist oder für kommerzielle Zwecke genutzt wird. Letzteres ist bei Dreharbeiten für die journalistische Nutzung in der Regel der Fall. Zuständig sind die Landesluftfahrtbehörden, in Hamburg beispielsweise die Innenbehörde. Die Regeln in den einzelnen Bundesländern sind unterschiedlich. Hamburg gilt als eines der strengsten Bundesländer. Die Innenbehörde erteilt kostenpflichtige Aufstiegsgenehmigung meist von Einzelfall zu Einzelfall und verlangt zudem zunächst eine Vorführung, in der der Pilot seine Fähigkeit nachweisen muss, eine Drohne zu fliegen. Seit kurzem ist auch eine Mehrfach-Genehmigung mit strengen Vorschriften erhältlich. Eine Liste der Landesluftfahrtbehörden hält das Luftfahrtbundesamt bereit (siehe „Weiterführende Links“). Zudem sind weitere Vorschriften zu beachten: Unbemannte Flugobjekte müssen in Deutschland in Sichtweite des Piloten bleiben. Die Zuhilfenahme von Ferngläsern ist beispielsweise nicht erlaubt. Damit ist die Reichweite einer Drohne auf einen Radius von 200 bis maximal 300 Meter um den Piloten herum eingeschränkt. Drohnen dürfen nur mit Genehmigung auf fremdem Grund gestartet werden oder dort landen. Beim Überflug sind Haus- und Persönlichkeitsrechte zu beachten. Grundsätzlich ist der Drohnenflug nur im sogenannten „unkontrollierten Luftraum“ erlaubt. Ausgeschlossen sind damit Verbotszonen, beispielsweise im Umkreis von 1,5 Kilometern um internationale deutsche Flughäfen. Auch über „das Regierungsviertel, Atomkraftwerke, Menschenansammlungen, Wohngebiete, Industrieanlagen, Unfallstellen, Katastrophengebiete oder militärische Anlagen“ darf eine Drohne nach einer Aufstellung der Stiftung Warentest (siehe „Weiterführende Links“) nicht gesteuert werden. Über Städten wie Hannover, Frankfurt, Leipzig, Dresden, Düsseldorf oder Dortmund sind größere Flugverbotszonen eingerichtet worden. Das Bundesverkehrsministerium plant, die zivile Nutzung von Drohnen weiter einzuschränken, weil es zu mehreren Zwischenfällen mit Drohnen in der Nähe von größeren Flughäfen gekommen ist. Die Regelungen im europäischen und weiteren Ausland unterscheiden sich von den deutschen Vorschriften. Ein Pilot sollte also jeweils die rechtliche Lage prüfen, bevor er einen Aufstieg plant.
3.11 Sonstiges Zubehör grenzenlos – meine Faustregel lautet: Ich schaffe mir nicht mehr Zubehör an, als meine #Mojo-Reportertasche fasst. Mittlerweile beult sie ein wenig aus, und ich frage mich in schwachen Momenten, ob ich nicht eine neue, etwas größere Tasche benötige? Doch habe ich Disziplin geschworen, denn für mich ist „Mobile Reporting“ auch Leichtigkeit, Beweglichkeit – das Gegenprogramm zum drohenden Bandscheibenvorfall, wenn der Videojournalist oder Kameramann Stativ, schwere Kamera und Licht gleichzeitig tragen muss. Insofern sollte jeder selbst entscheiden, welches Zubehör er häufig nutzt und braucht. Journalisten, die (auch) längere Texte, beispielsweise für Online-Medien schreiben, aber auf das Notebook im Rucksack verzichten, werden eine kleine Bluetooth-Tastatur schätzen, die Texteingaben erleichtert. Mehrere faltbare Modelle sind auf dem Markt, die sich gut in der Zubehör-Tasche transportieren lassen. Einige weitere kluge Ideen und einige schlaue Lösungen will ich im Folgenden noch kurz vorstellen.
Abbildung 03-19 Zubehör, das ich mag: Der selbstgebaute Eieruhr-Kameraschwenkmotor, der OTG-Stick und der iXpand, Bild: Björn Staschen
Speicherplatz ist immer begrenzt: In dieser Not können kleine Sticks helfen. Für das iPhone hat Sandisk die erste Lösung auf den Markt gebracht. Die iXpand-Flashlaufwerke lassen sich per Lightning-Adapter mit dem iPhone verbinden. Sie erweitern den Speicher zwar nicht, erlauben es aber, per App Dateien auf den Speicherstick zu schieben, um Telefonspeicher freizuräumen. Material auf dem iXpand lässt sich bei USB-Stecker dann im PC weiterbearbeiten. Die 16 GB-Variante kostet über 40 Euro, die 128 GB über 110 Euro. iDiskk, iDrive oder Phonestar sind ähnliche Produkte. Für Android-Telefone gibt es günstigere Varianten: Unterstützen sie wie die meisten neueren Smartphone-Modelle den OTGDienst, lässt sich ein kleiner USB-Stick einschieben, der als Speichererweiterung erkannt wird. Mit dem Dateimanager des Smartphone lassen sich dann Files hin- und herschieben. Die meisten Sticks haben neben dem Mini-USB-Port auch einen USB-Anschluss für PCs. Das zweite große Problem ist die Netzabdeckung: Sie schwankt, insbesondere in ländlichen Regionen und bei starker Nutzung, stark. Zudem ist der Zugang im Ausland oft teuer (Roaming). Bei den meisten Telefonen (wenn sie denn nicht zwei SIM-Karten-Slots bieten) legt die eine SIM-Karte jedoch den Provider fest. Und ein SIM-Kartenwechsel bedeutet, dass Reporter unter ihrer bekannten Nummer nicht erreichbar sind. Ein Ausweg ist die Flexibilität, ein anderes Netzwerk zu nutzen als die SIM-Karte im Smartphone vorgibt. Mobile Hotspots (Mifi) bauen eine 3G oder 4G/LTE-Verbindung über eine Mobilfunkkarte auf und machen diese über ein WLAN nutzbar. Gute Geräte von Netgear oder TP-Link kosten rund 100 €. Hinzu kommen Kosten für einen zusätzlichen Mobilfunk-Datentarifvertrag oder eine Daten-SIM im Ausland. Wer neben dem Smartphone einen MifiHotspot nutzt, kann zudem über Apps wie Speedify zwei Wege gleichzeitig nutzen (die 4G-Verbindung des Telefons und die Mobilfunkverbindung des Mifi-Hotspots über WLAN). Auch professionelle Livestreaming-Apps von LiveU oder Dejero (siehe Kapitel 7.11) nutzen dieses „Bundling“, also die Bündelung von Mobilfunk- und WLAN-Verbindung gleichzeitig. Und dann sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt: Smartphones sind leicht, Zubehör lässt sich oft aus Alltagsgegenständen zaubern. Ich habe mir beispielsweise ein Gerät gebaut, das sehr langsam schwenkt und so beispielsweise gute, bewegte, Zeitraffer-Aufnahmen erlaubt. Auf einer Eieruhr von Tchibo habe ich mit per LED-Licht härtbarem Klebstoff eine ¼-Zollschraube angebracht. An dieser kann ich mit jeder Smartphone-Halterung ein Smartphone befestigen. Binnen 60 Minuten dreht sich die Eieruhr um 360 Grad. Mit Apps wie Hyperlapse (iOs, Android) gelingen tolle Aufnahmen. #Mojo bedeutet auch: Experimentierfreude. Viel Spaß!

Weiterführende Links

„DxO Mark Mobile: The Reference for Image Quality“. Zuletzt abgerufen am 12. März. http://www.dxomark.com/Mobiles Florian Reichart, Blog „Smartfilming.com“, www.smartfilming.com. Glen B. Mulcahy, Blog „TVVJ“, tvvj.wordpress.com Nick Garnett, Blog nickgarnett.co.uk. Luftfahrtbundesamt. „Anschriften der Landesluftfahrtbehörden“. Zuletzt abgerufen am 24. Juni 2016. http://www.lba.de/DE/Presse/Landesluftfahrtbehoerden/Landesluftfahrtbehoerden_Uebersicht.html?nn=701672 Stiftung Warentest. „Das müssen Hobby-Piloten wissen.“ Zuletzt abgerufen am 24. Juni 2016. https://www.test.de/Drohnen-Das-muessen-Hobbypiloten-wissen-4727469-0/