Interviewsituation
Interview mit Torge Kern
Stellvertretender Programmchef Redaktionen Gong / Bild + Funk / Super TV
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Torge Kern
Torge Kern als Gipfelstürmer unterwegs

Herr Kern, sind Sie bei einem Interview nervös?
Das kam früher bei Interviews mit "großen Tieren" vor. Oder bei Interviews, die für alle Beteiligten nicht angenehm waren. In solchen Fällen hatten die Interviewpartner zu meiner Beruhigung meistens die größeren Manschetten.

Was war Ihr schlimmstes Interview?
Das vielleicht schlimmste Interview musste ich selbst geben. Für das Erscheinen einer neuen technischen Zeitschrift standen verschiedene Interviews mit Kollegen aus dem Print- und Hörfunkbereich an. Zunächst lief alles großartig. Aber dann nahm mich der Moderator eines Radiosenders ohne Vorwarnung direkt in seine Live-Sendung on air und stellte mir Fragen, die vom festgelegten Fragenkatalog völlig abwichen. Zum Glück war ich gut vorbereitet und konnte alle Fragen vernünftig beantworten. Danach war ich allerdings geschafft.

Und was war Ihr bestes Interview?
Zu meiner besten Befragung gehört das Kurzinterview mit dem Altkanzler Helmut Schmidt. Damals arbeitete ich für einen Radiosender. Ich konnte ihn nach einem Trauerstaatsakt der Stadt Hamburg für einen verstorbenen Ehrenbürger auf einer Treppe abfangen. Er war freundlich und beantwortete all meine Fragen sehr präzise. Das Interview wurde Minuten später ungeschnitten als O-Ton in den Nachrichten gesendet.

Wie bereiten Sie sich auf ein Interview vor?
Bevor ich eine Person befrage, will ich möglichst viel über sie wissen. Darüber hinaus muss ich mich inhaltlich auf das Interviewthema vorbereiten. Als Printjournalist ist es mir besonders wichtig, dem Interviewpartner gegenüber zu sitzen. Gestik, Mimik und Blickkontakt sagen viel über eine Person aus.

Was zum Beispiel?
Ich kann beobachten, welche Fragen der Interviewpartner angenehm findet, welche ihm Spaß machen oder missfallen. Daraus ergeben sich andere Möglichkeiten der Nachfrage oder des Aufgreifens neuer Aspekte. All das bestimmt die Atmosphäre und das Ergebnis eines Interviews.

Im Buch von Mario Müller-Dofel werden PR-Leute typologisiert. Welche Erfahrungen haben Sie mit PR-Leuten gemacht?
Sowohl positive als auch negative. Es gibt sehr engagierte PR-Kollegen, die etwas von ihrem Job verstehen. Es gibt aber auch PR-Leute, die sich nach dem Interview zu sehr einmischen. Sie streichen Fragen und Antworten – teilweise ohne Wissen der befragten Person. In den vergangenen Jahren hat sich das Gegenlesen von Interviews immer mehr verbreitet. Wenn ich die Möglichkeit habe, die Kanzlerin exklusiv zu interviewen, ergibt diese Maßnahme Sinn. Aber wenn sich PR-Leute nach einem Interview unangemessen aufblasen, alles korrigieren und im Endeffekt das Interview selbst geben, ist das nicht in Ordnung. In einem Interview sollte das gesprochene Wort der befragten Person gelten.

Wie gehen Sie mit unerfahrenen Interviewpartnern um?
Ich habe eigentlich noch keinen Interviewpartner erlebt, der wirklich Angst hatte. Es ist meist Nervosität. Die kommt häufig bei jungen Schauspielern vor, die nicht viel Erfahrung mit Interviews haben oder auch bei Passanten, die auf der Straße befragt werden.

Wie nehmen Sie dem Interviewpartner die Nervosität?
Zunächst versuche ich den Interviewpartner in einem Vorgespräch aufzulockern. Dann frage ich nach Dingen, die mit dem eigentlichen Interview noch nichts zu tun haben. Anschließend gehe ich in die Befragung. Hin und wieder greife ich das eine oder andere nochmals auf, um dem Gesprächspartner ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Das hat bisher gut funktioniert. Es hilft auch, den Betroffenen vor dem Interview zu informieren, dass Versprecher im Printjournalismus keine Rolle spielen.

Haben Sie auch besonders nette Interviewsituationen erlebt?
Unvergessen bleibt mir das Interview mit der Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek, das in einer Hotelhalle stattfand. Sie war ständig um mein leibliches Wohl besorgt und bestellte immer wieder Getränke und Knabbereien.


Das Interview führte Falk Diehl.


Vita
Torge Kern, geboren 1972 in Hamburg, arbeitete nach seiner Ausbildung als freier Lokalredakteur. Danach wechselte er die Fronten: In seiner zweiten Lieblingsstadt Frankfurt am Main textete er für die Werbebranche und entdeckte über diverse Web- und Technikmagazine ("Internet Fun & Shopping", "Gold" und "Tomorrow"), seine Liebe zum Fernsehen. Seit sechs Jahren schreibt er für TV-Magazine wie "Gong" oder "Bild + Funk".
 


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